: TV-Kritik
Da redet einer im Fernsehen über seine Kunst und die Versuchung ist groß, selbst mitzudiskutieren. Was da so unmittelbar über den Bildschirm kommt, ist eine Kunstsendung neuen Stils, eine auffällig andere Art der Darstellung. Wie einem persönlichen Freund erläutern die Hamburger KünstlerInnen der Reihe „Streifzüge“ auf N3 dem buntgemischten Publikum am Sonntagnachmittag das wie, warum und wozu ihrer Arbeit. Trotz der Kürze der Sendung sind die Kameraeinstellungen ruhig, zudem bringt ein völliger Neuling in der Branche Bild- und Objektmacher zu Aussagen über ihre Arbeit. Christoph Grau, Kunstvermittler und nach eigener Aussage nicht mehr und auch nicht weniger als ein gut informierter Liebhaber der Kunst, glänzt nicht mit schlauen Interpretationen und Kenntnis des Kunsttalks, sondern läßt nach tagelangen Gesprächen im Atelier einen Werkblock präsentieren, durch den die Künstler ihre spezielle Arbeitsweise und Weltsicht selbst erläutern.
Die von Christoph Grau in einem speziell gebauten, fahrbaren Kunstschrank präsentierte eigene Kunstsammlung wurde zufällig von Heinz Glässgen, dem Leiter Kultur beim NDR 3 Fernsehen entdeckt und aus diesem besonderen Vermittlungsansatz schließlich ein neues Fenster für nicht oder nur wenig etablierte Kunst geöffnet. Von Achim Beitz, der im November an der Kunstvereinsschau „Neue Kunst in Hamburg“ teilnimmt zum Konkreten Maler Rolf Rose, von Zvika Kantor mit seinen vertrackten Objekten zu Tita Do Rego Silva mit ihrer von Macumba-Ritualen beeinflußten brasilianischen Kunst ist in der bisher dreizehnteiligen Serie ein weites Spektrum von Kunstäußerungen vertreten.
Sollte die Reihe verlängert werden, wünscht sich Christoph Grau, immer besser zu werden in der Fähigkeit, die Begegnung mit einem Menschen in einer Viertelstunde zu ermöglichen, ohne in medientypische Klischees zu verfallen. Es bleibt zu hoffen, daß das Besondere an dieser Reihe nicht verloren geht: Gut vermittelte Begeisterung für die Kunst und kein gelangweiltes Gezoome über Gemälde, die aus irgendwelchen modischen Gründen gerade angesagt sind.
Hajo Schiff
Sonntags, 17.00 bis 17.15 Uhr, N3: 31.10. Jochen Kuhn (Filmer-Maler), 7.11. Claudia Rahayel (Fotokünstlerin), 14.11. Tita De Rego Silva, 21.11. Yoram Merose (Begriffsmaler), 28.11. Christoph Grau (Kunstvermittler).
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