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ESTHER SLEVOGT
„mein leben ist ein pullover ich muss ihn immer neu stricken dass er passt“, sagt jemand im neuen Stück von Fritz Kater „demenz depression und revolution“, das am Samstag im Maxim Gorki Theater uraufgeführt wird (5. 1. 19.30 Uhr, Maxim Gorki Theater). Und zwar von Fritz Katers Regie führendem Alter Ego Armin Petras. Das Stück betrachtet in der für Kater/Petras so typischen Mischung aus scharfer Beobachtung und poetischer Verfremdung der Ergebnisse dieser Beobachtung den Menschen in der Gegenwart. In einer Gegenwart, die sich von ökonomischen und anderen Machtinteressen so zurichten lässt, dass der einzelne Mensch in ihr keinen Ort mehr für seine Träume findet und sich in Sphären flüchtet, die noch sicher vor jeglichem entfremdenden Zugriff sind. Zu diesen Sphären gehört neben der Demenz und der Depression natürlich auch die Kunst, die (zumindest lebt Armin Petras’ und Fritz Katers Werk von dieser Hoffnung) immer noch Denk- und Handlungsräume für Utopien schafft (beziehungsweise schaffen muss), in der Veränderungen nicht nur geträumt, sondern auch verhandelt und umgesetzt werden können. So gesehen ist „demenz depression und revolution“ in seinem träumerischen Optimismus also ein ideales Stück, um das neue Jahr zu beginnen.
Ein Träumer war auch der spanische Kronprinz Don Karlos, dem Friedrich Schiller sein berühmtes Drama widmete, ihn gleichzeitig aber auch zum Exempel machte, dass Träumen nicht reicht, wenn man die Welt und ihre deformierenden Verhältnisse verändern will. Im Theaterforum Kreuzberg, einem vor 30 Jahren gegründeten Monument der einstigen freien Szene Westberlins, zeigt das Theater Augenschein ab Sonntag seine Version von Schillers Trauerspiel „Don Karlos“ (6. 1. 19.00 Uhr, Theaterforum Kreuzberg).
Aus der freien Szene stammt auch der Theatermacher Tobias Rausch, der aber ein gutes Beispiel dafür ist, dass die Übergänge zwischen Freier Szene und Staatstheaters längst fließend sind. Denn Rausch entwickelt seine Projekte schon seit einiger Zeit im Auftrag des Deutschen Theaters. „Fluchtpunkt Berlin“ heißt die neue Arbeit, die am Mittwoch dort Premiere hat (9. 1. 19.30 Uhr, Deutsches Theater). Auf der Basis der Tatsache, dass sich im Jahr 2011 weltweit 43,7 Millionen Menschen auf der Flucht befanden, und zwar vor Kriegen, Armut, Umweltkatastrophen, vor ethnischer oder religiöser Verfolgung, haben Rausch und sein Team einen Abend entwickelt, der Fragen nach Möglichkeiten und Unmöglichkeiten von Heimat, Sesshaftigkeit und Zugehörigkeit stellt.
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