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Archiv-Artikel

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Gerade gedenkt man des 80. Jahrestages der Machtergreifung durch die Nazis, wobei man gelegentlich den Eindruck gewinnt, am 30. Januar 1933 sei vor dem Brandenburger Tor ein Ufo voller Nazis gelandet, die dann die Macht übernahmen. Deshalb möchte man hier mal betonen, dass die Nazis nur ergriffen, was das deutsche Nazivolk ihnen zur Übernahme angeboten hat. Und weil das Thema dieser Kolumne das Theater ist, soll auf eine Ausstellung im Willy-Brandt-Haus hingewiesen werden, die den ab 1933 aus Deutschland vertriebenen oder ermordeten Theaterkünstlern gewidmet ist: „Erzwungenes Finale – Ende der Vorstellung“ ist seit letzter Woche im Willy-Brandt-Haus zu sehen (Dienstag bis Sonntag 12 bis 18 Uhr).

Die Staatsoper zeigt im gleichen Kontext Victor Ullmanns unvorstellbar schöne und verzweiflungskluge Kammeroper „Der Kaiser von Atlantis“, die der Schönberg- und Zemlinsky-Schüler im Konzentrationslager Theresienstadt schrieb: Als das Grauen überhandnimmt, verweigert sich der Tod dem Terror und quittiert den Dienst. Zwar ist es ein Wermutstropfen, dass Aufführungen wie diese die Stigmatisierung von Künstlern wie Victor Ullmann (der in Auschwitz ermordet wurde) fortschreiben, weil ihr Werk stets nur im Kontext ihres Entstehens gesehen wird und nie für sich selbst stehen darf. Ein noch extremerer Fall ist der Komponist Hans Krasa und seine Oper „Brundibar“, die ausschließlich als KZ-Gedenkoper gutmenschlich zugerichtet wird und damit der Komponist in einen ewigen Verbund mit dem KZ, in das er verschleppt (und wo er ermordet) wurde, gezwungen wird. Ein nötiger Akt der Gerechtigkeit wäre, all diese Werke nicht mehr nur als musikalische Mahnmale zu betrachten, sondern endlich auf Augenhöhe in der Musikgeschichte mit ihnen umzugehen. Dies aber soll nur leise eingeworfen und nicht gegen das Unternehmen in der Staatsoper verwendet werden (Schiller-Theater-Werkstatt: „Der Kaiser von Atlantis“, 7. 2., 20 Uhr, 9. 2., 16 Uhr).

Dass die Geschichte immer schon mit Blut geschrieben wurde, das am Anfang immer das Blut der anderen war, bis es am Ende auch die Mörder erwischte, diese never ending story hat William Shakespeare wieder und wieder erzählt. Zum Beispiel die Geschichte von Macbeth, der sich an die Macht mordet, bis er von dort wieder fortgemordet wird. Am Maxim Gorki Theater inszeniert Robert Borgmann die Geschichte, die auch davon handelt, wie dünn der Firnis der Zivilisation stets ist, wie leicht sich Menschen zu Mördern machen lassen (Maxim Gorki Theater: Macbeth, 8. 2., 19.20 Uhr).

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