: Syriens Taktik
■ Zum Waffenstillstandsabkommen im Lagerkrieg
Im zwei Jahre langen Krieg zwischen der Schiitenbewegung Amal und der PLO dürfen die Bewohner der palästinensischen Flüchtlingslager jetzt hoffen: Ein Waffenstillstandsabkommen ist vereinbart worden. Doch Krieg wie Aufhebung der Belagerung folgen dem Kalkül der Protektoratsmacht Syrien. Humanitäre Motive darf man den Machthabern in Damaskus, die Amal tatkräftig unterstützen, nicht unterstellen. Wenn Syrien bei der neuen Übereinkunft wieder einmal die Fäden zog, so deshalb, weil sich der Lagerkrieg zum gegenwärtigen Zeitpunkt als hinderlich erwies für die Durchsetzung eines anderen Zieles: Die Festigung des im Juli gegen den christlichen Präsidenten Gemayel gegründeten Oppositionsbündnisses FULL, dem neben Amal auch die Drusenpartei PSP sowie verschiedene linke und pro–syrische Gruppen angehören. Die ebenfalls schiitische, pro–iranische Hizbollah jedoch fehlte in dieser Runde. In der Vergangenheit hatten die Palästinenser im Lagerkrieg sowohl auf die Hilfe der Drusen setzen können als auch auf Sympathien der Hizbollah, die sich dem Kampf gegen Israel verschrieben haben. Mit den zunehmenden Spannungen zwischen Syriens Schützling Amal und den Streitern Gottes sahen sich die Machthaber in Damaskus gezwungen, eine „Frontbegradigung“ im libanesischen Oppositionslager vorzunehmen, das der FULL ein geschlossenes Auftreten gegenüber Gemayel und gegenüber Hizbollah ermöglicht. Derlei taktischen Manövern entspricht, daß der grundsätzliche Konflikt zwischen Syriens Präsident Assad, der seit Jahren von einer ihm willfährigen Palästinenserführung träumt, und PLO–Chef Arafat keineswegs beigelegt ist. Selbst wenn noch vor dem Winter mit dem Wiederaufbau der Lager begonnen werden sollte, sind damit die Zeiten der Unsicherheit für die Palästinenser im Libanon nicht vorbei. Beate Seel
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