piwik no script img

Sympathisantentreffen auf dem Teerhof

■ Shakespeare Company, Kammerphilharmonie und Tanzfilminstitut werben für ihr gemeinsames Kulturhaus auf der Weserhalbinsel und ernten dafür jetzt immer mehr warme und unterstützende Worte – bei jedem Wetter

Edgar Reitz' Film „Heimat“, zweiter Teil. Das ganze Dorf Schabbach ist festlich geschmückt, und die EinwohnerInnen in ihrer Sonntagskleidung versammeln sich auf dem Platz bei Familie Simon um die Ecke. Das Kriegerdenkmal wird eingeweiht, doch schon bei der ersten Rede setzt starker Regen ein. Oh, Symboltracht.

Schabbach liegt diesmal auf der Bremer Teerhofhalbinsel. Zumindest die Szene am Montag abend hätte glatt von Edgar Reitz inszeniert sein können: Die Shakespeare Company, die Kammerphilharmonie und das in engen Räumen in der Uni untergebrachte Deutsche Tanzfilminstitut haben auf den teilweise geschmückten Parkplatz geladen, um für ihr Projekt eines gemeinsamen Kulturhauses mit Theater, Proberäumen und Filmstudio zu werben. Die einladenden SchauspielerInnen sind nicht sonntäglich, dafür aber theatralisch gekleidet. Sie wollen einen symbolischen Grundstein legen, doch schon bei der ersten Rede setzt starker Regen ein.

Elisabeth Motschmann spricht trotzdem: „Wir müssen hier noch einen kulturellen Schwerpunkt setzen“, sagt die kulturpolitische Sprecherin der CDU-Bürger-schaftsfraktion und reiht sich in die Vorworte ihrer grünen Kollegin Karin Krusche, des Architektenkammerpräsidenten Wilfried Turk und der VertreterInnen von Ortsamt, Theater, Orchester und Institut ein. „Es ist ein spannendes Modell“, widerspricht sie einer Windböe der Stärke sieben. Aber: „Ich schlage vor, wir rechnen erstmal.“ Doch egal ob mit oder ohne Rechenstab: SympathisantInnen sind da viele, aber wo ist der Investor?

„Investoren gibt es noch nicht, aber Interessenten“, sagt Thomas Wedrich, Sprecher der Baubehörde, und bekräftigt zugleich die neue Linie seines Senators Bernt Schulte (CDU): „Er unterstützt das Projekt und hat es auch dem Senat vorgelegt.“ Zur Zeit werde eine Ausschreibung vorbereitet – mit der Nutzungsvorgabe Kulturhaus und Hotel, wie es der SPD-Wirtschaftspolitker Detmar Leo kürzlich vorgeschlagen hat. Wann die Ausschreibung rausgeht, ist offen. So offen wie das ganze Projekt noch wackelig ist, munkeln manche.

Edgar Reitz inszeniert einen neuen Schauer. Dunkel zieht eine Wolke heran. Und da vorne in Schabbach/Teerhof steht einer, der fast aussieht wie ein Investor, aber keiner ist. Es ist der skeptische Heinrich Mura von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, und der gibt dem Weserburg-Chef Thomas Deecke und dem Chronisten ein Rätsel auf: „Was brauchen Investoren zuerst?“ Geld? „Nein.“ Land?! „Nein, ein Konzept“, sagt er und hat recht.

Bislang sind alle Pläne einer Skizze ähnlicher als all den handelsüblichen Hochglanzbroschüren. Darauf entwirft die Shakespeare Company ein Theater, das mehr Arena ist als Guckkastenbühne. Da wünscht sich die Kammerphilharmonie Proberäume mit professionellem Tonstudio. Da wünscht sich das eher in Europa als in Bremen bekannte Tanzfilminstitut mehr Platz und eine Mischung aus Theater und Fernsehstudio und könnte – übrigens – jederzeit in den Kölner Mediapark abwandern. Alle drei wollen ganz eng zusammenarbeiten – irgendwie.

Ein ausgearbeitetes Konzept mit allen notwendigen Einzelheiten ist aber noch vorzulegen. Genauso wie die Bereitschaft der Stadt, das Trio auf Jahre hinaus zu sicheren Mietern zu machen. Dann könnte das Projekt durchaus Hochglanz bekommen. Und es könnte sich auch der Wunsch des Company-Schauspielers Peter Lüchinger erfüllen: „Wir sehen uns spätestens im Jahr 2000 wieder hier – in einem Haus mit Dach.“

Zu diesen Worten läßt Edgar Reitz den Himmel aufklaren. Ungelogen! Christoph Köster

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen