: Supernasen für den Polizeichef
■ Polizeireform: Innensenator will Super-Stabsabteilung einrichten und Polizeivizepräsident trickreich kaltstellen
Berlin. Jüngst gelobte der Landesvorstand der CDU, daß „künftig die innere Sicherheit nicht mehr Gegenstand parteipolitischer Grundsatzauseinandersetzungen sein“ darf. Dieses Vorhaben scheint nicht alt zu werden, denn Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) legte dieser Tage ein internes Konzept zur „organisatorischen Straffung und Effizienzsteigerung bei der Berliner Polizei“ vor, das in Teilen wegen seiner parteipolitisch geprägten Handschrift von den mitregierenden Sozialdemokraten abgelehnt wird.
Bei der Umstrukturierung soll der dritte Mann in der Polizeiführung, der Posten des Landespolizeidirektors, zukünftig entfallen. Der bisherige Amtsinhaber, Manfred Kittlaus, bleibt, bei gleicher Besoldung, Leiter der Zentralen Ermittlungsstelle Regierungs- und Vereinigungskriminalität. Diese wird neben der Schutz- und der Kriminalpolizei, dem noch einzurichtenden Landespolizeiverwaltungsamt und der Polizeischule die fünfte gleichberechtigte „Säule“ der Polizeistruktur bilden. Die Leiter dieser fünf Abteilungen werden künftig direkt dem Polizeipräsidenten und seinem Stellvertreter unterstellt. In diesem Strukturmodell, mit dem der jahrelange Konflikt zwischen Landespolizeidirektor und Polizeipräsident „gelöst“ werden soll, stimmen die beiden Koalitionspartner überein.
Auf Widerstand bei der SPD stößt hingegen Heckelmanns Vorhaben, beim Polizeipräsidenten eine Grundsatzabteilung einzurichten, der nicht nur die präsidialen Aufgaben, sondern auch die „von den Dezernaten der Landespolizeidirektion wahrgenommenen Aufgaben übertragen“ werden. Ein Superstab, genauso zuständig für Lageanalysen und -bewertungen wie für die Koordination der Säulen und die Personalplanung. Diese strategische Schaltstelle der Polizei soll, so sieht es Heckelmanns Konzept vor, „regelmäßig“ der Vizepräsident leiten. Dieser ist auch „der ständige Vertreter des Polizeipräsidenten“. Wenn er allerdings einen anderen Organisationsbereich der Polizei leitet, „vertritt er den Polizeipräsidenten nur bei dessen Abwesenheit“. „Die Grundsatzabteilung erhält dann einen anderen Leiter.“ Die SPD sieht in dieser vermeintlichen Ausnahmeregelung eine nicht hinnehmbare Beschneidung der Befugnisse des amtierenden Vizepräsidenten Dieter Schenk. Denn von dem SPD-Mann ist seit Monaten bekannt, daß er künftig Leiter des Landeskriminalamtes werden soll.
Der Polizeiexperte der SPD- Fraktion, Helmut Hildebrandt, hält diese Begrenzung der Vertreterfunktion für schlicht nicht praktikabel. Der Vize müsse in das präsidiale Tagesgeschäft eingebunden sein, er müsse auch wissen, was in der Innenverwaltung gesprochen wird. Von diesen Kontakten war Schenk schon einmal ausgeschlossen – als sein damaliger Vorgesetzter Schertz mit Heckelmann im Mai letzten Jahres über die inzwischen umstrittene Personalbesetzung in der Polizeiführung verhandelte.
Nach Hildebrandts Ansicht ist die gesamte Grundsatzabteilung „grundsätzlich überflüssig“, weil dort nur praxisfern am grünen Tisch entschieden werde. Es sei jedoch seit Jahren das wesentliche Problem der Polizei, daß der Apparat verbürokratisiere und zuviel Speck ansetze. In Heckelmanns Konzept würden nur Stellenverschiebungen vorgenommen. Vom Abbau der Bürokratiestruktur, davon mehr Polizei auf die Straße zu bringen, so Hildebrandt, lese er nichts in dem Konzept. An einem Punkt zumindest ist er sich jedoch mit dem Senator einig. Beide wollen die bisher übliche 12-Stunden- Schicht im Abschnittsdienst auf acht bis zehn Stunden reduzieren. Dadurch ließen sich rein rechnerisch 800 Beamte freisetzen. Denn bei dem bisherigen Rhythmus fallen alle zwei Monate drei zusätzliche dienstfreie Schichten an. Zudem haben die Beamten mehr Freizeit en bloc. Wegen dieser Vorteile erwartet Hildebrandt aus der Polizei Widerstände gegen die Änderung. Er befürchtet, daß in diesem Fall die CDU kalte Füße bekommt und dem Druck ihrer Basis nachgibt. Dieter Rulff
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