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Archiv-Artikel

Super-Airbus im Sinkflug

Größter Kunde bestellt Frachtmaschinen wieder ab. Damit wird die Wirtschaftlichkeit des Airbus A 380 in Frage gestellt. Die Verlängerung der Start- und Landebahn in Hamburg-Finkenwerder muss neu auf den Prüfstand, fordern Umweltschützer

Von GERNOT KNÖDLERund SVEN-MICHAEL VEIT

Sheikh Ahmed bin Saeed Al-Maktoum war ein hofierter Gast in Hamburg. Am 5. März trug er sich ins Goldene Buch der Stadt ein, zuvor hatte ihn Bürgermeister Ole von Beust (CDU) persönlich am Flughafen abgeholt. Denn mit der Ankunft des Fürsten aus dem boomenden Emirat am Persischen Golf war die Direktverbindung Dubai – Hamburg offiziell eröffnet. Jetzt fügt Al-Maktoum dem Luftfahrtstandort Hamburg einen herben Rückschlag zu: Emirate Airlines, deren Vorstandschef der Scheich ist, storniert seine bestellten Frachtmaschinen vom Typ Airbus A 380. Eigens für die aber soll das Airbus-Werk in Hamburg-Finkenwerder erweitert werden.

Dubais staatliche Fluglinie will „erst noch sehen, wie sich das Flugzeug entwickelt“, zitiert die Wirtschaftswoche deren Europa-Chef Keith Longstaff: „Wir vermissen noch die nötige Klarheit bei den technischen Daten“, begründet er die Stornierung. Zwar hatte Emirate Airlines ursprünglich nur zwei Maschinen der A 380-Frachtversion bestellt, dennoch sei dieser Schritt als ein erneuter „herber Rückschlag für Airbus“ zu werten, kommentiert das Fachblatt.

Bedarf neu prüfen

Zuvor schon hatte Airbus-Chef Gustav Humbert Verzögerungen bei dem Projekt einräumen müssen. Die Auslieferung der ersten Maschinen an das US-Logistikunternehmen FedEx müsse deshalb um ein halbes Jahr auf Anfang 2009 verschoben werden.

Besondere Brisanz hat die Abbestellung für das Airbus-Werk in Hamburg-Finkenwerder. Dieses wird zurzeit zum dritten Mal erweitert – und zwar nur wegen der Frachtmaschinen. Mit dem höheren Gewicht des A 380F hatten Airbus und Hamburger Senat die abermalige Verlängerung der Werkspiste begründet.

Deutschlands größtes industriepolitisches Vorhaben müsse abermals unter die Lupe genommen werden, fordert Manfred Braasch, Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Hamburg: „Der Bedarf für die Piste und die Wirtschaftlichkeit des Vorhaben gehören erneut auf den Prüfstand.“

„Eine arg wackelige Grundlage“ für den Werksausbau sieht ebenfalls Christian Maaß, Umweltexperte der Grünen im Landesparlament. Der Senat habe etwa 100 Millionen Euro „für ein Flugzeug investiert, dessen technische Daten auf dem Markt offensichtlich nicht konkurrenzfähig sind“, kritisiert Maaß.

Ungebrochen optimistisch

„Nicht so dramatisch“ findet hingegen Christian Saadhoff, Sprecher der Wirtschaftsbehörde, den Sinkflug des Prestigeprojekts. Die Begründung für die Pistenverlängerung bis in das angrenzende Obstbauerndorf Neuenfelde hinein sei „nicht an konkrete Bestellungen gebunden“. Entscheidend sei allein „die Verfügbarkeit des Produktes A 380F für den Markt“. Er sehe keine Probleme für die Realisierung des Hamburger Traums, drittgrößter Luftfahrtstandort der Welt zu werden: „Wir sind ungebrochen optimistisch.“

So gibt sich auch Airbus-Sprecher Rolf Brandt: „Das stellt den Ausbau überhaupt nicht in Frage“, sagt er mit Blick auf die Pistenverlängerung und das Auslieferungszentrum, das Airbus dem Senat zu bauen versprochen hat. „Grundsätzlich wollten wir die Fähigkeit haben, auch den Frachter ausliefern zu können“, ergänzt der Sprecher. Der Bau des Auslieferungszentrums auf einer künstlichen Werkshalbinsel in der ehemaligen Elbbucht Mühlenberger Loch werde im Juli beginnen. Die Arbeiten sollen ein Jahr lang dauern.

Ins Auslieferungszentrum kommen Vertreter des jeweiligen Kunden, um ein Flugzeug auf Herz und Nieren zu prüfen, bevor es übernommen wird. Dazu gehören auch Abnahmeflüge unter vorgeschriebenen Bedingungen, mit denen Airbus die Notwendigkeit einer längeren Piste begründet.

Brandt ruft die Marktprognose seines Unternehmens für Flugzeuge der Größenordnung Airbus A 380 und Boeing 747 in Erinnerung. Insgesamt 1.500 Maschinen würden „in den nächsten Jahren“ gebraucht, darunter 350 Frachtflugzeuge. Wie viele Aufträge Airbus an Land ziehen wird und wie viele Boeing, ist ungewiss. Die Hälfte der von Airbus gebauten Frachter jedenfalls, verspricht Brandt, werde von Hamburg ausgeliefert.