: Südafrikas Opposition sucht gemeinsame Basis
Eine „Patriotische-Front-Konferenz“ soll gemeinsame Grundlagen der Anti-Apartheidsgruppen im Vorfeld der geplanten Vielparteienkonferenz schaffen/ Ideologische Differenzen führten zum Ausschluß der Mitorganisatorin Azapo ■ Aus Johannesburg Hans Brandt Mehr als 400 Delegierte verschiedener Anti-Apartheidgruppen treffen sich ab heute in der südafrikanischen Hafenstadt Durban. Sie wollen gemeinsame Mindestgrundlagen für Verhandlungen mit der südafrikanischen Regierung festlegen. Die sogenannte „Patriotische-Front-Konferenz“ ist eine Vorstufe des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) und anderer Oppositionsgruppen zu einer umfassenden Vielparteienkonferenz, die Grundlagen für eine demokratische Verfassung ausarbeiten soll. Diese soll sich nach dem Willen von ANC und Regierung noch vor Ende des Jahres zum ersten Mal treffen.
Drei Gruppen waren ursprünglich als Mitorganisatoren der „Patriotischen Front Konferenz“ angetreten: der ANC, der Panafrikanische Kongreß (PAC) und die Azanische Volksorganisation (Azapo). Doch ideologische Differenzen zwischen ANC und PAC einerseits und Azapo andererseits führten Anfang der Woche zum Ausschluß von Azapo als Mitorganisatorin. Am Mittwoch kündigte die Organisation dann an, daß sie nicht an der Konferenz teilnehmen werde.
Ausgelöst wurde dieser jüngste Streit durch einen Brief, den Azapo letzte Woche an 14 eingeladene Organisationen gesandt hatte, ohne dies zuvor mit ANC und PAC abzusprechen. Darin hatte die Azapo den 14 Gruppierungen mitgeteilt, daß sie als Vorbedingung für die Teilnahme an der Konferenz ihre Mitarbeit an bestehenden Regierungsstrukturen aufgeben müßten. Gerichtet war der Brief an Organisationen wie die liberale Demokratische Partei (DP) und Parteien aus schwarzen Homelands. Sie werden von Azapo als „Kollaborateure“ der Apartheid verurteilt. Die Azapo ihrerseits wies die Forderung von ANC und PAC, den Brief zurückzuziehen, zurück. Gruppen, die Gesetze unterstützt hätten, die „unsere Leute belästigt haben“, seien jetzt offenbar wichtiger als Azapo, entrüstete sich Azapo-Präsident Pandelani Nefolovhodwe am Mittwoch.
„Es geht darum, den Weg zu Demokratie und Befreiung zu ebnen,“ sagte hingegen ANC-Sprecherin Gill Marcus am Donnerstag. Und da sei es deutlich, daß Parteien wie die DP im Gegensatz zur regierenden Nationalen Partei (NP) für Demokratie und nicht für Unterdrückung eingetreten seien. Zudem werde keine „Patriotische Front“ angestrebt, in der die einzelnen Organisationen ihre Eigenständigkeit aufgeben würden. „Ziel der Konferenz ist es, gemeinsame Mindestgrundlagen festzulegen und Verbindungsstrukturen zwischen den Organisationen aufzubauen.“
Zu den Mindestforderungen, die ANC und PAC wünschen, gehört die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung zur Ausarbeitung eines demokratischen Grundgesetzes. Ebenfalls auf der Tagesordnung stehen Diskussionen über die ANC- Forderung nach einer übergangsregierung und über die Kontrolle politischer Gewalt.
Das nun begonnene Treffen in Durban könnte, so Marcus, die Vorbereitungen für die Vielparteienkonferenz beschleunigen. ANC und Regierung haben sich in den letzten Monaten in einer Reihe von vertraulichen Gesprächen auf die Eckdaten des künftigen Vielparteientreffens geeinigt. Offen bleibt nur noch, wer zu der Konferenz einladen und welcher Termin für ein erstes Treffen festgelegt werden soll.
Die Aussicht, daß konkrete Verhandlungen demnächst beginnen werden, hat in den letzten Wochen zu einer Verschärfung der öffentlichen Auseinandersetzungen zwischen NP und ANC geführt. Am Donnerstag griff der NP-Generalsekretär Stoffel van der Merwe zum Beispiel den ANC für seine andauernde Unterstützung von Sanktionen an. Der ANC mißbrauche wirtschaftlichen Druck für kurzfristige politische Ziele und demonstriere eine „schockierende Mißachtung der Situation von Millionen von arbeitslosen Südafrikanern,“ sagte van der Merwe.
Die Angriffe der NP sind charakteristisch für den rabiaten Wahlkampfstil der Partei. Sie sind zugleich ein Zeichen dafür, daß der Verhandlungsprozeß einen neuen Abschnitt erreicht. Die Forderung nach einer Interimsregierung hat die Regierung stark unter Druck gesetzt. In den anstehenden Diskussionen über die nächsten Schritte im Verhandlungsprozeß werden von der Regierung viel größere Zugeständnisse als bisher erwartet. Sie könnte gezwungen werden, erstmals einen Teil ihrer Macht aufzugeben. Dagegen will die NP kämpfen. „Wir werden nichts weniger als einen vollkommen demokratischen Prozeß zur Festlegung der Zusammensetzung einer zukünftigen Regierung akzeptieren“, wetterte van der Merwe. „Kein Bereich, keine staatliche Institution wird wehrlos den Launen einer einzigen politischen Partei ausgeliefert werden.“
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