: Südafrika marschiert getrennt Richtung Freiheit
■ Kompromiß mit den Rechten möglich
Johannesburg/Berlin (AFP/taz) – Die „heiße Phase“ des Wahlkampfs in Südafrika hat begonnen: Staatspräsident Frederik Willem de Klerk verkündete per Veröffentlichung im Regierungsanzeiger offiziell den längst festgelegten Wahltermin, nämlich den 26. bis 28. April; ANC-Präsident Nelson Mandela bezeichnete de Klerks Nationalpartei als „Mickymaus-Partei“; und allgemein wuchs die Hoffnung, die rechtsextreme „Freiheitsallianz“ könnte sich ihren Wahlboykott noch einmal überlegen.
Grund für diese Hoffnung war gestern eine Ankündigung von ANC- Sprecher Carl Niehaus. Er sagte, der ANC beharre nicht länger auf dem bisherigen Prinzip, wonach im April dieselbe Stimme sowohl für das nationale wie auch das jeweilige regionale Parlament zählt. Wenn die „Freiheitsallianz“ aus weißen Rechtsradikalen und Inkatha ihre Drohung eines Wahlboykotts endgültig fallenließe, werde der ANC auf deren Forderung nach zwei getrennten Stimmen eingehen.
Zuvor hatte bereits de Klerk beim Kongreß der Nationalpartei in Johannesburg gesagt, auch er sei für getrennte Wahlzettel. Die Rechte hat nun, nach der offiziellen Verkündung des Wahltermins, zehn Tage Zeit zum Überlegen. Inkatha-Führer Buthelezi hatte letzte Woche gesagt, die Einigung auf zwei Stimmen könne „wirklich dazu beitragen“, daß seine Partei sich doch noch an den Wahlen beteilige. Aber gestern betonte der Vorsitzende der Freiheitsallianz, Rowan Cronje, die Frage der doppelten Stimmabgabe sei nicht der einzige strittige Punkt.
Das Trauerspiel kann also noch weitergehen. Und nach einer gestern veröffentlichten Umfrage der Johannesburger Tageszeitung The Star wird deutlich, warum die Rechte lieber boykottieren als sich der Wahl stellen will: Inkatha kommt dabei auf gerade drei Prozent, die rechtsextreme Konservative Partei auf vier. Die Nationalpartei erreicht demnach 14 Prozent, der ANC weit über 50.
Um ihre Stimmen zu vermehren, hielt die Nationalpartei in den vergangenen zwei Tagen einen Wahlparteitag ab, der gestern mit der Veröffentlichung eines Wahlprogramms zu Ende ging. Neben dem richtigen, aber irregeleiteten Hinweis, der ANC verfüge über keinerlei Regierungserfahrung, enthält das Programm ähnlich wie das des ANC ein Versprechen von Frieden, Freiheit und Wohlstand für alle. Daß ANC und NP sowieso gemeinsam in der zu wählenden Regierung sitzen werden, macht eine schnelle Realisierbarkeit dieser gemeinsamen Versprechungen allerdings nicht wahrscheinlicher. Seiten 8 und 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen