: Süd–Beirut erwartet Einmarsch syrischer Truppen
■ Kämpfe zwischen der pro–syrischen Amal und der pro–iranischen Hizbolla forderten seit Anfang Mai mindestens 180 Tote und Verletzte / Der libanesische Innenminister: Nur die Intervention einer regulären Streitmacht kann endgültig wieder Ruhe herstellen
Beirut (afp/taz) - Die syrischen Streitkräfte im Libanon haben am Wochenende ihre Stellungen um die südlichen Vororte Beiruts ausgebaut und Verstärkungen herangeschafft. Am Sonntag erklärte ein syrischer Offizier, daß der Einmarsch der Syrer in die Schiitenviertel der libanesischen Hauptstadt unmittelbar bevorstehe. Dort war es seit dem 6.Mai zu schweren Kämpfen zwischen der pro–syrischen Amal und der pro– iranischen Hizbollah gekommen. Der Hizbollah ist es dabei gelungen, die südlichen Vororte fast vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Kämpfe forderten nach Angaben Beiruter Krankenhäuser mindestens 180 Todesopfer und etwa 1.000 Verletzte. Am Sonntag abend berichtete der libanesische Rundfunk, Syriens Präsident Assad habe in einem Telefonat mit seinem iranischen Kollegen Khameini versucht, Teheran zur Einflußnahme auf die Hizbollah zu bewegen. Die Vormacht der Hizbollah ist nach Ansicht der Syrer „eine anormale Situation und stellt den Keim neuer Unruhen dar“. Ein syrischer Offizier hatte am Samstag gegenüber AFP versichert, daß die syrischen Truppen, die bereits West–Beirut kontrollieren, in die südlichen Vororte einmarschie ren würden. Der Angriff stehe „kurz bevor“, es müßten lediglich noch Truppenverstärkungen herangeführt werden. Die Syrer sind von libanesischen Politikern und führenden Geistlichen des Landes wiederholt aufgefordert worden zu intervenieren. Lediglich der geistliche Führer der Hizbollah, Scheich Mohammad Hussein Fadlallah, glaubt, daß das syrische Eingreifen die Probleme nicht lösen würde. Etwa 50 Panzer einer syrischen Einheit aus Aaramun, 17 Kilometer südlich von Beirut, haben am Sonntag am Internationalen Flughafen und an der Flughafenstraße in der Nähe den umkämpf ten Stadteile Stellung bezogen. Aus der Bekaa–Ebene wurde eine 700 bis 800 Mann starke Elite–Einheit nach Beirut verlegt, während die in der Bekaa–Ebene verbliebenen Truppen in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden sind. Die libanesische Polizei berichtete am Sonntag, daß in den Schiiten–Viertel nur noch sporadisch gekämpft würde. Die Amal– Miliz kontrolliert nur noch einen kleinen Teil der Stadteile Chiya und Ghobayre in unmittelbarer Nachbarschaft zum sunnitischen Westbeirut, wo die 10.000 Mann starke syrische Ordnungsmacht seit Februar 1987 die Kontrolle übernommen hat. Der libanesische Innenminister, Abdallah Racy, sagte in einem Gespräch mit AFP, er wisse nicht, wann die Syrer eingreifen werden, hoffe aber, das dies bald geschehe. „Lediglich die Intervention einer regulären legalen Streitmacht ist in der Lage, wieder endgültige Ruhe herzustellen“, meinte Racy. Die Straßen Süd– Beiruts waren am Sonntag vormittag ausgestorben. Unbewaffnete Fundamentalisten der Hizbollah standen an den wichtigsten Zugängen zu den Stadtteilen. Etwa 60 Prozent der dort lebenden schätzungsweise zwischen 300.000 und 550.000 Menschen haben Süd–Beirut verlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen