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Suchtkrankheit hätte im Vordergrund stehen müssen

Betrifft: „Tote Frau in Haftanstalt Blockland“, taz vom 5.8.

Eine 29-jährige junge Frau stirbt in der Haftanstalt. Sie ist HIV-infiziert und drogenkrank. Wäre diese Krankheit ernst genommen worden, hätte die junge Frau nicht inhaftiert werden dürfen. Zum Krankheitsbild gehört die Verlagerung von Wertmaßstäben (Beschaffungskriminalität), in diesem Fall vermutlich das Erschleichen von Leistungen. Therapie und Lebenshilfe sind Mittel, um eine Krankheit zu bekämpfen – und nicht Rache, Strafe oder dergleichen.

In diesem Fall drängt sich die Frage auf, ob die Inhaftierte auf die Haft überhaupt vorbereitet wurde. War sie entgiftet? Ist eine Justizvollzugs-Anstalt in der Lage, mit einfachem Wachdienst und „Bedarfsarzt“ der herbeigerufen wird, wenn das Wachpersonal es für nötig erachtet, eine HIV- und Drogenkranke mit der nötigen Fürsorgepflicht zu bedenken? Wie kann ein Wachposten durch den Türspion erkennen, ob die Frau noch schläft oder für immer eingeschlafen ist? Warum war die Frau nicht in einem JVA-Krankenhaus untergebracht?

Das neue Strafvollzugsgesetz, immerhin schon 22 Jahre alt, ist immer noch nicht voll umgesetzt. Behandlung statt Verwahrung, tarifgerechte Entlohnung statt „Taschengeld“, offener Vollzug als Regelvollzug statt geschlossene Unterbringung, Einzelhaftplätze statt Mehrbettnischen usw.

Im Fall der jungen Frau hätte die Suchtkrankheit konsequent im Vordergrund stehen müssen. Eine krankheitsbedingte Tat entspringt nicht der vollen Verantwortung; ihr zu begegnen kann nur medizinischer Art sein. Johann Abheiden

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