: Stumpfes Schwert für Förderdschungel
■ Kritik aus Verwaltung und Industrie am Plan des Wirtschaftssenators, der Investitionsbank Berlin zentral die Bearbeitung aller Wirtschaftsförderungsprogramme zu übertragen
Das Land Berlin will den Förderungsdschungel für die Wirtschaft lichten. Doch die jetzt bekanntgewordene Idee von Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Branoner (CDU), die Bearbeitung der unzähligen Fördertöpfe der Investitionsbank Berlin (IBB) zu übergeben, findet keine Freunde.
Die Industrie- und Handelskammer ist gegen die Zentralisierung bei der IBB. Die Wirtschaftsverwaltung, so befürchtet IHK- Sprecher Egbert Steinke, werde „das Dickicht nicht lichten, sondern an die Investitionsbank verschieben“.
Und nicht nur die Opposition mäkelt, auch in den Senatsverwaltungen ist man nicht glücklich. Die Investitionsbank habe nicht das nötige Know-how, schießt selbst ein Referatsleiter aus Branoners Haus gegen den eigenen Chef. Außerdem knausere die Investitionsbank mit den Fördergeldern, die dafür gedacht sind, Existenzgründern auf die Beine zu helfen oder Betrieben neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Die Kritik an der IBB ist längst amtlich. Der Rechnungshof rügte die mangelnde Wirtschaftlichkeit der Investitionsbank, die 1992 aus der Wohnungsbaukreditanstalt hervorgegangen war. Selbst in ihrem ureigensten Tätigkeitsfeld, dem Management staatlicher Hilfen für den Wohnungsbau und für Sanierung, wurde die 780 Mitarbeiter zählende IBB nachdrücklich kritisiert.
Als beispielsweise im Sommer die neuen Instandsetzungsrichtlinien der Subventionsverwalter bekannt wurden, schrien die Stadtentwickler auf: Die IBB verstoße mit den neugefaßten Richtlinien gegen soziale Standards der Sanierung, weil sie die Mietbindung faktisch aufhebe.
Ausgerechnet die Investitionsbank soll nun die unübersichtliche Wirtschaftsförderung effektivieren, bei der staatlichen Stellen nicht mehr durchblicken, geschweige denn die Investoren, klagen die Kritiker.
Dabei tut Übersicht über die Förderprogramme not. „Niemand kann sagen“, berichtet ein Insider, „was in der Wirtschaftsförderung an Geld zur Verfügung getellt wird.“ Über 60 verschiedene Förderinstitutionen vergeben in der Stadt Zuschüsse und Subventionen an die Wirtschaft. Die Förderfibel des Senats ist 130 Seiten dick – und listet dabei nur knapp die Programme und erste Ansprechpartner auf.
Ohne Expertenrat ist für Bewerber kein Durchkommen. Mittlerweile gibt es in der Stadt ein halbes Dutzend Leitstellen und sogenannte schnelle Eingreiftruppen wie die „Task Force“ der Handelskammer. Sie sollen ratlosen InvestorInnen und klammen Unternehmern Schneisen durch das Förderdickicht schlagen.
Wirtschaftsstaatssekretär Branoner will nun zugleich mit der Bearbeitungvergabe der Förderanträge an die IBB eine neue „Förderleitstelle“ einrichten. In ihr sollen die Staatssekretäre verschiedener Verwaltungen versuchen, die Anträge zu koordinieren. Viele Fragen bleiben freilich offen. Ungeklärt ist unter anderem auch, was mit jenen Angestellten und Beamten passiert, die bislang in den Senatsverwaltungen die Anträge bearbeiteten.
Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) bleibt trotz der Kritik gelassen: „Wollen wir mal sehen“, sagte er der taz, „die Investitionsbank kann sich jetzt bewähren.“ Christian Füller
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