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Archiv-Artikel

Studieren ohne Kredit

betr.: „Studenten haben gut Geld – und Angst vor Studienkrediten“, taz vom 2. 4. 08

Die im Beitrag suggerierte Wohlhabenheit der deutschen Studentenschaft – etwa die Hälfte der deutschen Studierenden muss monatlich mit 700 Euro oder weniger auskommen – und ihre angeblichen Verhaltensparadoxien lassen sich nicht nachvollziehen. Eindeutig ist, dass sich die deutschen Studierenden hinsichtlich ihrer sozialen Herkunft verändert haben. Sowohl die Studierendenanteile mit höherer Bildungsherkunft als auch die mit höherer Berufsstellung der Eltern haben zugenommen, wobei beides nicht gleichzusetzen ist. Dies lässt sich schon an den 11 % Bafög-Empfängern ablesen, die der Autor unter den „oberen Zehntausend“ entdeckt. Dass die Hälfte aller Studierenden Studiengebühren akzeptiert – zumal sie bisher in einem Umfang erhoben werden, der von den meisten gerade noch bezahlt werden kann, so dass die eigentliche finanzielle Bürde die Lebenshaltungskosten bleiben –, aber zwei Drittel der Studierenden den Staat nicht aus seiner Bildungsverantwortung entlassen wollen, kann doch nicht im Ernst als Widerspruch herhalten.

Durch Erwerbsarbeit würde kostbare Studienzeit „verballert“, so der Autor weiter, obwohl doch günstige Studienkredite zur Verfügung stehen. Mal abgesehen davon, dass die Studienkredite (aktuelle Zinssätze zwischen 6 und 9 %) höher zu verzinsen sind als jedes Baudarlehen, sollte man sich eher über die finanzielle Ausstattung von Studierenden sorgen. Tatsache bleibt, dass knapp zwei Drittel angeben, ihr Studium durch Erwerbsarbeit während des Semesters finanzieren zu müssen, zumindest teilweise. Nach der Finanzierung durch das Elternhaus bleibt Erwerbsarbeit – noch vor Bafög – die zweitwichtigste Einnahmequelle für Studierende. Immer mehr Studierende machen sich Sorgen über ihre finanzielle Lage. Anfang der 90er Jahre fühlte sich jeder fünfte deswegen stark belastet, im Jahr 2007 bereits jeder dritte. Dasselbe gilt für die finanzielle Situation nach dem Studium, die früher jeden achten, heute jeden vierten bereits im Studium stark belasten. Es sorgen sich naheliegenderweise besonders jene Studierenden, denen das „ökonomische Kapital“ von Haus aus fehlt. Dass diese Gruppe zurückhaltend mit einer Kreditaufnahme umgeht, die einer Verschuldung gleichkommt, lässt sich nachvollziehen. MICHAEL RAMM, Konstanz