: Studenten ignorieren Finanzsenatorin
■ Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing stellte in der FU den Sparkurs zur Diskussion. Nur 14 Interessierte kamen. SPD-Politikerin fordert Konkurrenz der Hochschulen und eine Erfolgskontrolle über eing
Studenten waren keine da. Als die Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) sich gestern der Spardiskussion in den Universitäten stellte, wurden 14 Studierende gezählt. „Ich stelle mit Befriedigung fest, daß der Untergang der Hochschulen nicht vor der Tür steht“, kommentierte sie die Aufregungen, die im Frühjahr die parlamentarisch verabschiedeten Kürzungen von einer halben Milliarde Mark (bis 1999) über die Universitäten ausgelöst hatten. Gegen dieses „Kaputtsparen“ hatten seit Semesterbeginn Studenten, wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren heftig protestiert.
Auch der Rest der Anwesenden im Auditorium maximum der Freien Universität bereitete der eloquenten Juristin kaum Probleme. Fugmann-Heesing referierte knapp ihre Analyse von der Universität in den Zeiten des Haushaltslochs. Die anschließenden Fragen aus dem Publikum ließ sie sammeln, um sie en bloc zu bescheiden. Tenor: Die Zeiten des Wachstums sind vorbei, auch an den Unis ist zu kürzen. Allein die Moderatorin, Politikprofessorin Gesine Schwan, widersetzte sich der One-woman-Show: Die Senatorin habe ein schönes „Kolleg in Sparsamkeitsnotwendigkeiten“ abgehalten. Sie sei aber Konzepte schuldig geblieben, wie dies in den einzelnen Politikfeldern zu bewerkstelligen sei.
Die 41jährige Fugmann-Heesing, zuletzt Professorin an der Universität Bielefeld, lobte die Protestaktionen der Studierenden als „teilweise kreativ und sehr gut“. Sie habe daraus gelernt, daß es wichtig ist, mit den Studierenden zu sprechen. Die Kreativität will die bislang als eiserne Sparkommissarin agierende Frau nutzen, „damit es zu Veränderungen in den Unis selbst kommt“. Sie forderte daher die Hochschulen auf, um die Studenten zu konkurrieren. Die Verwaltung der Universitäten sei zu entschlacken. Der Einsatz von Finanzmitteln an den Hochschulen seien ebenso einer „Erfolgskontrolle“ zu unterziehen wie die Lehrenden. Zur allgemeinen Überraschung wandte sich Fugmann-Heesing gegen eine allgemeine Studiengebühr. „Es dürfen keine Hürden für jene aufgebaut werden, die studieren wollen“, sagte sie. Nach dem Beschluß der Großen Koalition werden ab dem Wintersemester von den Studierenden zusätzlich zu den bisherigen Gebühren je 100 Mark für die Immatrikulation erhoben.
Die Kritik am Sparkurs wälzte die Finanzsenatorin indirekt auf ihren Amtsvorgänger Elmar Pieroth (CDU) ab. Durch die „dramatische Verschuldung in den letzten Jahren“ sei in der Stadt jeder politische Spielraum „verfrühstückt“ worden. Fugmann-Heesing rechnete vor, daß 1999 rund 40 Prozent der Steuereinnahmen Berlins für Zinszahlungen ausgegeben würden – „wenn der Konsolidierungskurs gelingt“. Im vorläufigen Haushalt für 1997 liegen die Ausgaben um 11 Milliarden Mark über den Einnahmen. Der Student Jochen Geppert wollte wissen, wieviel an Kürzungen von die Universitäten zu erbringen sei. Die Sparprioritäten würden einem „ständigen politischen Diskussionsprozeß unterliegen“, gab die Senatorin zurück.
Der bündnisgrüne Abgeordnete Anselm Lange warf CDU und SPD vor, kein Konzept in der Hochschulpolitik zu haben. „Wir sprechen noch über drei Universitäten – aber eine sparen wir uns“, versinnbildlichte Lange den geplanten Abbau von 30.000 Studienplätzen in Berlin. Das Land biete weiterhin mehr Studienplätze, behauptete daraufhin die Senatorin. Ein Gutachten der GEW hatte hingegen jüngst gezeigt, daß an den Universitäten Berlins nicht einmal mehr genug Platz für einheimische Studenten ist. Christian Füller
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