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Archiv-Artikel

Strengere Regeln für Abgeordnete in Brüssel

KORRUPTION Mit einem neuen Verhaltenskodex will das EU-Parlament Bestechung verhindern

BRÜSSEL taz | Die EU-Abgeordneten wollen Korruption und Amtsmissbrauch bekämpfen. Deshalb haben sie am Donnerstag mit großer Mehrheit einen neuen Verhaltenskodex beschlossen. „Es ist eine Reaktion auf das Misstrauen der Bürger. Wir wollen zeigen, dass wir unabhängige Entscheidungen treffen und uns nicht bestechen lassen“, sagt der konservative Abgeordnete Carlo Casini aus Italien, der den Kodex federführend ausgearbeitet hat. Die Parlamentarier reagieren damit auf den Korruptionsskandal von Anfang des Jahres: Journalisten der britischen Zeitung Sunday Times hatten sich als Lobbyisten ausgegeben. 60 EU-Abgeordnete baten sie um Änderungsanträge für bestimmte Gesetze – gegen Bezahlung. Vier Parlamentarier tappten in die Falle.

Jana Mittermaier von Transparency International begrüßt zwar den neuen Kodex, glaubt aber nicht, dass solche Einzelfälle damit verhindert werden: „Wir hätten uns strengere Sanktionen gewünscht. Es ist nicht normal, dass einige der Abgeordneten, die in den Skandal vom Januar verwickelt waren, noch immer im Parlament sitzen“, so Mittermaier. Schwere Verstöße gegen den Kodex sollen zwar rechtlich verfolgt werden. Das muss aber nicht automatisch den Ausschluss aus dem Parlament zur Folge haben. Vorgesehen ist der Entzug von bestimmten Funktionen innerhalb der Institution wie zum Beispiel die Streichung der Sprecherrolle für das Parlament bei den Verhandlungen über ein bestimmtes Gesetz oder der Ausschluss von bestimmten Sitzungen.

Zudem sorgen die neuen Regeln für mehr Transparenz: Alle Nebeneinkünfte, die 500 Euro im Monat oder 5.000 Euro im Jahr übersteigen, müssen die Abgeordneten in Zukunft offenlegen. Auch Einladungen auf Reisen – etwa zur Fußball-Weltmeisterschaft oder zum Besuch einer Bohrinsel – müssen dokumentiert werden. Für Geschenke gilt nun eine Obergrenze von 150 Euro. Ob diese Regeln eingehalten werden, soll eine Kommission innerhalb des Parlaments überwachen. Für Jana Mittermaier von Transparency International hängt von deren Arbeit der Erfolg des Verhaltenskodex ab. „Nur wenn tatsächlich Sanktionen verhängt werden und die Regeln streng umgesetzt werden, machen sie überhaupt Sinn.“RUTH REICHSTEIN