Streitbare chilenische Torhüterin: Sie stiehlt allen die Show
Christiane Endler fängt einen Großteil der medialen Aufmerksamkeit der Chileninnen ab. Sie äußert sich kritisch, offen und eloquent.
Die chilenische Kapitänin, geboren als Tochter eines Deutschen und einer Chilenin, wird im Team auch aufgrund ihrer Ruhe geschätzt. Christiane Endler fängt einen Großteil der medialen Aufmerksamkeit ab, äußert sich kritisch, offen und eloquent. Ihr Kindheitsidol war Oliver Kahn, dabei ist sie selbst immer recht unverbissen, recht freundlich und nebenbei eher eine spielende Torhüterin mit Ballgefühl: nicht zuletzt, weil sie als Stürmerin anfing.
Derzeit spielt Endler bei PSG und wurde zur besten Torwärtin der Liga gewählt. Eine Profikarriere, sagte sie mal, sei für sie lange überhaupt nicht vorstellbar gewesen. „Wir hatten in Chile keine Referenz im Frauenfußball.“ Erst als sie eine deutsche Schule besuchte, habe sie als Kind strukturiert Fußball gespielt, auch im Tor. Letzteres, weil sie nie Sorge hatte, sich hinzuschmeißen. „Ich war immer mutig.“ So direkt tritt sie auch sonst auf. Nicht immer verschafft ihr das Freunde.
Vor einiger Zeit gab sie in Chile ein Interview, wo sie erwähnte, dass sie politisch „Mitte-rechts“ sei. Im südamerikanischen Frauenfußball, der vom Kampf gegen die Macho-Gesellschaft geprägt ist, löste die Offenbarung einiges Unverständnis aus. „Das Interview hat sehr negative Kritik bekommen“, kommentierte Endler. „Im selben Interview habe ich aber auch gesagt, dass ich für das Recht auf Abtreibung, für gleichgeschlechtliche Ehe, für Legalisierung von Gras bin. Ich finde solche Kritik sehr rückständig.“ Ihr sei es wichtig, für ihre Meinung respektiert zu werden. Polarisieren kann sie und Diskurse aufmachen, die anderswo gar nicht stattfinden: eine deutsche Nationalspielerin, die sich öffentlich für legales Kiffen ausspricht, muss wohl noch geboren werden.
Ihre Karriere hat Christiane Endler schon durch die halbe Welt geführt, unter anderem hat sie in den USA, bei den Chelsea Ladies und bei Valencia gespielt. Seit 2017 steht sie bei PSG im Tor und will mit dem Investorenklub die Vormacht von Olympique Lyon herausfordern. Nach der WM dürfte ihr die Gehaltsverhandlung dort jedenfalls leichter fallen.
Nebenbei will Endler, die feministisch in der Heimat sehr aktiv ist und dort mehrere Fußballschulen für Mädchen betreibt, durch die WM-Teilnahme „die Türen für Mädchen in Chile öffnen“. Und gegen Thailand den historischen ersten Sieg einfahren. Vermutlich wird man nach der Partie gegen die asiatischen Außenseiterinnen allerdings nicht ganz so viel über Christiane Endler sprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“