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Streit um ökologisches Bauen

■ Neue Auseinandersetzung in der Planung zur Hollerlandbebauung

„Mit Lehmbau haben wir uns noch nicht beschäftigt“ stellt Gewoba-Sprecher Höft lakonisch fest und gibt damit zu erkennen, welches Kernproblem in der Hollerland-Bebauung noch ungeklärt ist: Wie ökologisch ist ökologisches Bauen? Daß im Anschluß an das Naturschutzgebiet Hollerland, zwischen Lehester Deich, Pappelwäldchen und Autobahnzubringer, ökologisch gebaut werden soll, diesen Kompromiß nach jahrelangem Streit hatten Gerold Janssen und die „Bürgerinitiative für die Erhaltung des Hollerlandes“ mit Bausenator Kunick vertraglich ausgehandelt. Ein Jahr ist dies her. Die einst geplante Hollerstadt mit 50.000 Wohnungen war damit endgültig vom Tisch. Für rund 800 darf jetzt geplant werden.

Verschiedene Planer und Behörden beschäftigen sich seitdem mit den Möglichkeiten des ökologischen Bauens — und schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewoba hat einen Wettbewerb ausgeschrieben: „Wohnung, Wohnhaus, Wohnquartier“. An ihm können sich alle bremischen, aber auch einige ausgewählte Planungsbüros aus der übrigen Republik beteiligen.

Das zuständige Fachreferat für ökologische Stadtgestaltung in der Umweltbehörde hatte die Ausschreibung mit Blick auf die Planung im Hollerland um einige Aspekte ergänzt. Manches wurde aufgenommen. Ein ökologie-erfahrenes Planungsbüro aus Berlin („Ökolaus-ökologische Landschaftspflege, Architektur und Siedlungsplanung“) blieb jedoch unberücksichtigt — angeblich, weil der Vorschlag „zu spät“ eingereicht wurde. Für Gerold Janssen von der Bürgerinitiative, der die Planung mit Argusaugen beobachtet, ist dies ein erstes Indiz dafür, daß die Gewoba die Ökologie nicht so wichtig nimmt, daß „nicht das daraus wird, was wir uns erhofft haben“ (Janssen).

Die Gewoba betont unterdessen, daß der Wettbewerb „bewußt allgemein“ gehalten wurde und ökologische Prinzipien in einzelnen Formulierungen sehr wohl enthalte (Art und Umfang ökologischer Qualifizierung seien aber ebenso offen wie ihre Bewertung). Von diesem Wettbewerb erwarte sie keine Lösung für die Hollerland-Bebauung, sondern Ideen für den Wohnungsbau der 90er Jahre, der sich einer veränderten Nachfrage anpassen müsse (mehr Single-Haushalte, weg von der Kleinfamilie). Falls der Wettbewerb aber interessante Vorschläge zu ökologischem Bauen einbringe, werde hier weitergedacht. „Ökologischen Luxus können wir uns aber nicht leisten“, so Gewoba-Sprecher Höft.

Er erzählt aber auch, daß verschiedene, auch außerbremische Architektenbüros erste Entwürfe „angedacht“ haben: „Wir können aber nicht in weitere Planung investieren, wenn der Bebauungsplan noch nicht steht.“ Denn der bestimme, was und wie und vor allem auf wievielen Quadratmetern gebaut werde.

Das Stadtplanungsamt hat auf Grundlage des sogenannten Hollerland-Kompromiß inzwischen einen Haupterschließungsplan erarbeitet: Er bestimmt, mit einem Fleet, Grünfläche und einem Fußweg, die geforderte Pufferzone zum Naturschutzgebiet hin; er legt die Hauptzufahrtswege (von Autobahn und Lilienthaler Heerstraße) fest; er hält das Oberflächenwasser sichtbar in dem Gebiet, indem er die von den Holländern geschaffene Siedlungsstruktur mit ihren Entwässerungsgräben wieder aufnimmt. Mindeststandards legt der Plan jedoch nicht fest.

Die Feinplanung, also Zugänge zum Haus, Stell-und Müllplätze, sind nach diesem Konzept frei gestaltbar: „Denn wenn wir die hausnahe Erschließung festlegen, bekommen wir vermutlich nur Standardlösungen“, erklärt Stadtplaner Robert Lemmen. Jetzt müßten die Architekten spezifische Bebauungsmuster erfinden. Gerold Janssen sieht jedoch auch in dieser Grundidee eine Gefährdung: „Sie läßt zu vieles offen.“ Noch können Anregungen in das Planungsverfahren von außen eingebracht werden.

Im Dezember endet die Frist des Gewoba-Wettbewerbs. Nach welchen Kriterien die Jury die Vorschläge dann beurteilt, ist noch genauso offen, wie die Frage, welche Ideen letztlich auf das Hollerland übertragbar sind. Birgitt Rambalski

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