Streit um den Kitaausbau: Wo ist das Geld geblieben?
In allen Bundesländern fehlen Kitaplätze und über den Ausbau gibt es Streit. Die Länder wollen nicht nachweisen, wie sie die Ausbaugelder benutzt haben.
BERLIN taz | Der Kitaausbau bleibt weiterhin hinter dem Bedarf zurück – während Bund und Länder sich wie die Kesselflicker über die Abwicklung streiten. Das Deutsche Jugendinstitut hat für das Familienministerium ermittelt, wie viele Eltern von Kindern, die jünger als 3 Jahre alt sind, keinen Betreuungsplatz finden. Das Schlusslicht bildet Bremen, wo 21,8 Prozent keinen Platz finden. Auch in Nordrhein-Westfalen (17,8 Prozent) und Hessen (16,7 Prozent) sieht es schlecht aus. An der Spitze liegen Thüringen, Brandenburg (beide 6,3 Prozent) und Sachsen-Anhalt mit 4,9 Prozent.
Trotz dieser alarmierenden Zahlen streiten Bund und Länder über Verwendungsnachweise für den Einsatz der Mittel. Der Bundesrat lehnte kürzlich sogar einen zusätzlichen Bundeszuschuss von 580 Millionen Euro für 30.000 weitere Plätze ab – und zwar einstimmig, auch die unionsregierten Länder. Die Verwendungsnachweise für die Gelder, die Familienministerin Schröder verlange, seien zu bürokratisch.
Das Familienministerium bemängelt laut seiner Sprecherin Katja Angeli, dass die Ausbauzahlen der Länder jeweils 15 Monate alt seien. Die nachgeschossene Summe solle nach dem konkreten Bedarf verteilt werden, die Ostländer werden also unter Umständen weniger erhalten, wenn sie nicht nachweisen können, dass sie noch neue Plätze einrichten müssen. Im Ministerium wird vermutet, dass die Länder keine konkreten Nachweise liefern wollen, weil sie unerlaubter Weise mit den steigenden Bundesmitteln ihre Landeszuschüsse senken wollten.
SPD-Sozialministerin Manuela Schwesig aus Mecklenburg Vorpommern widerspricht vehement: „Auch der Osten braucht die Gelder. Bei uns steigt die Nachfrage und wir mussten Kitas wegen Baumängeln schließen“, so Schwesig zur taz. Die Landesmittel kürze man nicht zugunsten der Bundesmittel: „Die Gelder vom Bund müssen vollständig in Kitas investiert werden. Das schreibt das Gesetz jetzt schon vor. Das Geld kann nicht anders verwendet werden.“
Thüringens Ministerpräsidentin Christiane Lieberknecht (CDU) schlug derweil als Kompromiss statt einer monatlichen eine quartalsweise Abrechnung vor. „Man kann die Länder nicht behandeln wie kleine Kinder“, sagte sie. Ab dem 1. August 2013 haben die Eltern ein- und zweijähriger Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. 780.000 Plätze sollen bis dahin aufgebaut werden. Bund und Länder wollen diese gemeinsam finanzieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“