: Streit um Messebau
■ Wirtschaftsressort will Bremer Baufirma beauftragen
Montag der 6. Mai. Eigentlich sollte an diesem Tag die Baufirma mit der Arbeit beginnen, die den Zuschlag für den Bau der neuen Messehallen hätte bekommen sollen. Denn die Termine sind knapp: Schon im Herbst soll auf dem Gelände, wo jetzt noch die Eislaufhalle steht, Freimarktvergnügen sein, und die Rechtfertigung für den hohen Zeitdruck in Sachen Messehallen-Investition ist seit zwei Jahren die Ausstellung „Dach&Wand“, die im April 1997 nach Bremen kommen würde – wenn die neuen Hallen dann fertig sein sollten. Die Zeit wird langsam also wirklich knapp, Mitte Mai wollen bei der Dach&Wand'96 in Köln die Aussteller wissen, ob sie für das kommende Jahr in Bremen einen Stand buchen sollen oder nicht. „Bis dahin sind wir durch“, gibt sich Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU) optimistisch.
Aber am Montag war noch nichts durch. Perschau und sein CDU-Senatskollege Bernt Schulte saßen in einer Runde mit ihren Fachleuten da und sahen ein „unvergnügliches Spektakel“, wie ein Teilnehmer sich vornehm ausdrückte. Im Klartext: Bau-Abteilungsleiter Prof. Gottfried Zantke und Wirtschafts-Staatsrat Prof. Dr. Frank Haller schrien sich nach allen Regel der Kunst an. „Wir sind mitten im Bewertungsverfahren“, beschreibt Perschau sowas. Der Streit zwischen Bau- und Wirtschaftsressort tobt seit Wochen (vgl. taz 11.4.), bis Anfang nächster Woche soll nun wirklich entschieden werden.
Der Hintergrund: Den Architekten-Wettbewerb für die neuen Messehallen hatte der Bremer Architekt Gert Schultze gewonnen, allerdings für ein 250-Millionen-Projekt. Als das Wirtschaftsressort ihm die Vorgabe machte, seine Idee auf 100 Millionen herabzustufen, machte er unwillig mit. Für den korrigierten Schultze-Entwurf machte die Firma Züblin das kostengünstigste Angebot. Alles klar, findet man im Bauressort, alles weitere regelt die „Vergabeordnung Bau“ (VBO), das günstigste Angebot bei der EG-weiten Ausschreibung wird genommen.
Züblin hat einen großen Nachteil, findet das Wirtschaftsressort: Es ist eine süddeutsche Firma. Zunächst kam die Bremer Zechbau über Nebengebote ins Gespräch, nun ist Hegemann&Reiners&Hochtief der Favorit des Wirtschaftsressorts. Irgendjemand muß der erfahrenen Baufirma versichert haben, sie hätte auch eine Chance, wenn sie sich nicht auf das ausgeschriebene Modell bewirbt, sondern auf den zweiten Preisträger beim Architektenwettbewerb.
Dieses „Nebengebot“ biete deutliche Vorteile der Funktionalität, erklärte gestern die Bauherrin in spe, die Hanseatische Veranstaltungsgemeinschaft (HVG) des Wirtschaftssenators. Das Angebot hat nur einen Nachteil, sagen dagegen die Fachleute aus dem Bauressort: Es ist kein „Nebenangebot“ auf die Ausschreibung, sondern ein ganz anderes Angebot.
Ausgerechnet Gottfried Zandke muß die Ordnungsmäßigkeit des Vergabeverfahrens testieren, da sei er nicht dem Senat untergeordnet, sondern nur seinem juristischen Gewissen verantwortlich, erklärte er dem Wirtschaftsstaatsrat Haller unüberhörbar. Und dann sind auch alle weitergehenden Baugenehmigungen für die Messehallen über Zandkes Tisch gegangen. Wenn auch nur eine vier Wochen herumliegt, weil Zandke keine Überstunden dafür macht, dann platzt der Terminplan für die Dach&Wand.
So saßen sie sich am Montag gegenüber, unversöhnlich im Machtkampf, und ihre beiden Senatoren staunten nicht schlecht und schwiegen. Es werde „viel spekuliert und fabuliert“, beschwichtigt Perschau am Tag danach. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen