Streit über Trittin-Zitat im „Spiegel“: Ärger unter drei
Baden-Württemberg sei das „Waziristan der Grünen“, sagte Jürgen Trittin dem „Spiegel“. Der veröffentlichte den Vergleich. Trittin fühlt sich hintergangen.
BERLIN taz | Jürgen Trittin ist sauer. Die Spiegel-Redakteurin Nicola Abé hat ein Portrait über den Grünen-Politiker geschrieben. „Der Schattenkrieger“ heißt es und erzählt, wie Trittin damit klarkommt, seit einem Jahr kein grüner Spitzenmann mehr zu sein.
Es ist ein gefälliger Text, wirklich aufsehenerregend ist allerdings ein Absatz: In der Partei, zitiert die Journalistin Trittin indirekt, gebe es eine Strömung radikaler Realos, 10 bis 15 Prozent der Grünen, die der Partei schadeten. Sie kämen aus Baden-Württemberg, diesem „Waziristan der Grünen“, schreibt Abé in Anführungsstrichen.
Das ist ein ziemlich gewagter Vergleich: Waziristan, die Region im Nordwesten Pakistans, ist das Rückzugsgebiet der afghanischen Taliban.
Jürgen Trittin hatte offenbar nicht vor, dass diese Äußerung öffentlich wird. In einem Brief an den stellvertretenden Chefredakteur des Spiegel, Nikolaus Blome, beschwert er sich darüber, dass das Waziristan-Zitat keiner öffentlichen Äußerung entstamme. Es sei nicht das erste Mal, dass Nicola Abé unautorisierte Zitate von ihm veröffentliche, schreibt Trittin. Deswegen habe es die Absprache gegeben, dass Abé die Zitate vor der Veröffentlichung vorlegt. Das habe sie nicht getan.
Trittin bestreitet allerdings nicht, dass er den Vergleich tatsächlich gezogen hat. Nikolaus Blome antwortete daraufhin in einem Brief, der der taz vorliegt, und weist jede Schuld von sich. Es handele sich um ein Missverständnis darüber, welche „Eindrücke bzw. längeren Zitate überhaupt der Pflicht einer förmlichen Autorisierung unterlägen.“ Blome bedauere das. Der Text sei ein Porträt, „in das natürlich auch Beobachtungen, Zwischentöne, vielleicht auch laut Gedachtes einfließen müssen“. Blome hoffe, dass Trittin dem Spiegel gewogen bleibe und endet, ganz freundlich, mit: „Wir unsererseits freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut