Streit über Gen-Mais-Studie: Kritische Forscher wehren sich
Ein Fachblatt widerruft eine umstrittene Untersuchung zu Gesundheitsgefahren von „Gen-Mais“. Die Autoren drohen mit Schadenersatzforderungen.
BERLIN taz | Die Autoren der bekanntesten Studie über Gesundheitsrisiken durch Gentech-Mais drohen der Fachzeitschrift Food and Chemical Toxicology mit juristischen Schritten. Die Organisation Criigen der Forscher um den französischen Molekularbiologen Gilles-Eric Séralini kündigte an, „Schadensersatz zu verlangen“, wenn das Magazin ihre Untersuchung zurückzieht. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass das Blatt den Séralini-Artikel wegen Qualitätsmängeln widerruft. Die Forscher hatten Ratten mit Gentech-Mais gefüttert und hohe Krebsraten festgestellt.
Die Wissenschaftler warfen dem Fachblatt nun vor, mit zweierlei Maß zu messen: Die Zeitschrift habe eine Studie des US-Gentechnikkonzerns Monsanto veröffentlicht, die „Fehler oder Betrug“ enthalte. Die Ratten, die der Untersuchung zufolge konventionelles Futter bekommen hätten, hätten in Wirklichkeit mit Gentech-Pflanzen verunreinigtes Futter erhalten. Dennoch „ist sie nicht Thema einer Kontroverse.“ In der Criigen-Mitteilung heißt es weiter: „Wir verlangen von FCT (Food and Chemical Toxicology) den Widerruf der Monsanto-Studie zu derselben gentechnisch veränderten Pflanze, die für deren Zulassung benutzt wurde.“
In seiner Stellungnahme äußerte sich der Verlag der Zeitschrift, Elsevier, nicht zu der Drohung mit juristischen Schritten der Autoren. Er erklärte lediglich, dass der Artikel bereits zurückgezogen sei und begründete die Entscheidung. Séralinis Forschergruppe an der Universität Caen hatte den Mais NK603 und teilweise das Pestizid Roundup des US-Herstellers Monsanto an Ratten während deren gesamter Lebensdauer von etwa zwei Jahren verfüttert. Die Tiere erkrankten häufiger an Krebs und starben im Schnitt früher als Ratten mit konventionellem Futter.
Besonderes Gewicht hatte die Untersuchung, weil sie in einer Zeitschrift erschienen ist, die ihre Artikel in einem „Peer Review“-Verfahren von unabhängigen Gutachtern überprüfen lässt. Doch die Zeitschrift kam jetzt zu dem Urteil: Die kleine Zahl von Tieren in Séralinis Versuch lasse „keine definitiven Schlussfolgerungen“ über die Rolle des Maises oder des Pestizids bei der Entstehung der Tumore zu. Da der verwendete Rattenstamm namens „Sprague-Dawley“ von Natur aus sehr anfällig für Krebserkrankungen ist, könnten normale Schwankungen nicht ausgeschlossen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern