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Streik gegen Streik

HO-Basis bäumt sich auf / Magistrat beschloß Privatisierung der HO-Gaststätten Direktoren drohten mit Streik / Versorgung bleibt gesichert  ■  Von Stefan Schwarz

Ein tieferes Verständnis für das Wesen der Macht durfte man bei dem realsozialistischen Verwaltungskader noch nie voraussetzen. Vermutlich hielt er sie für eine magische Qualität, die von seinem Telefon, seinem Schreibtisch oder gar seinem Türschild ausging, ihn selbst grenzenlos kompetent und seine Unterstellten zweifellos gefügig machte.

Diesem ausgemachten Trugschluß erlag am Montag die Gesamtheit der Haupt-, Fach- und Betriebsteildirektoren der HO-Gaststättendirektion Berlin in ihrer Auseinandersetzung mit dem Zentralen Sprecherrat der 11.000 Gastronomen, in der es um die Zu kunft der Berliner HO-Gaststätten ging.

Für diese waren die Gastwirte auch bereit, in den Streik zu treten. Eine knifflige Angelegenheit: Ein übergroßer Teil der öffentlichen Speisung schien in Gefahr. Der Magistrat, auf der Krisensitzung vertreten durch den Stadtrat für Gastronomie und Arbeiterversorgung, Günther Herbert, reagierte prompt mit dem Beschluß zur Privatisierung von 400 kleinen und mittleren Gaststätten, bei denen die dort Beschäftigten das Vorkaufsrecht bekommen, sowie zur Umwandlung der größeren bzw. Klubgaststätten in Kapitalgesellschaften.

Nachdem auf diese Weise der Streik der Gastwirte abgewendet und faktisch das Ende des HOG Monstrums fixiert war, reagierten die Direktoren auf die vom Sprecherrat des weiteren erhobene Forderung nach sofortiger Abberufung von vier Betriebsteildirektoren, denen man Amtsmißbrauch - im konkreten Falle sogar Kellnermißbrauch vorwarf, mit einem Akt der Verwirrung. Sie erklärten sich solidarisch und drohten nun desgleichen mit Streik. Wegen des allzu geringen Verhandlungsgewichts - die Herren haben nur noch die Übergabe zu verwalten - wollte sich jedoch keiner der Gastwirte (Gastronom Meier von der Friedrichshainer „Bierglocke“: „Wir haben in diesem Streit mehr Moral bewiesen, als die jemals hatten“) darüber erschrocken zeigen, und man ging schließlich mit dem Verweis auf „innerbetriebliche Klärung“ auseinander. Dienstagmorgen waren die rebellischen Direktoren denn auch alle wieder am Platze und schickten sich ins Unvermeidliche. Zur selben Zeit verfügte der Magistrat die Auflösung sämtlicher Abteilungen der HO-Gaststättendirektion. Befürchtungen, daß mit der Auflösung des Gesamtverbunds die Versorgung gefährdet sein könnte, scheinen überflüssig. An eine gewisse Unentbehrlichkeit der Direktion, auf die das Leitungsgremium bei seiner Ausstandsdrohung spekuliert hatte, mag sich jedoch keiner der baldigst privatisierten Kneiper erinnern.

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