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Streik erzwingt AKW–Abschaltung

■ Zwei der vier Reaktorblöcke im belgischen Doel stehen still / Niederländische Regierung beunruhigt

Brüssel/Berlin (taz) - Zwei der vier Reaktoren des belgischen Atomkraftwerks Doel an der niederländischen Grenze sind in der Nacht zum Mittwoch vom Netz genommen worden. Die Abschaltung ist eine Reaktion auf den Streik von 700 der 800 Beschäftigten des AKW, die seit dem 23. März für eine Lohnerhöhung von vier Prozent im Ausstand sind. Die Reaktorblöcke Drei und Vier sollen trotz des Streiks und erheblicher Sicherheitsbedenken weiter in Betrieb bleiben. Von der belgischen Elektrizitätsgesellschaft Ebes wurde die Abschaltung mit dem „geringen Strombedarf während der Ostertage“ begründet. Doch die Stillegung wurde durch den Streik erzwungen und durch die von verschiedenen Seiten geäußerten Proteste gegen den sturen Weiterbetrieb der Anlage mit erheblich reduzierter Mannschaft, die eine große Zahl von Überstunden leisten mußte. In der Mitteilung der Betreibergesellschaft heißt es denn auch, daß die Abschaltung den Ingenieuren eine Ruhepause ermöglichen werde. Sie mußten in den letzten Wochen gemeinsam mit 50 Streikbrechern in Zwölf– Stunden–Schichten den Betrieb der Reaktoren aufrechterhalten. Die Gewerkschaften haben die Begründung der Abschaltung mit dem Hinweis auf Ostern als „blödsinnig“ bezeichnet. Der niederländische Umweltminister Ed Nijpels hatte in einem Brief an die belgische Regierung seine Besorgnis über den Weiterbetrieb des AKW dargelegt. Durch die Übermüdung des eingesetzten Restpersonals sei die Sicherheit der Anlage nicht mehr gewährleistet. Auch die internationale Atomenergie–Agentur in Wien, die für die Kontrollen aller ziviler Atomanlagen zuständig ist, zeigte sich über die Sturheit der belgischen Betreibergesellschaft beunruhigt. Fortsetzung auf Seite 6 Die niederländische Tageszeitung Algemeen Dagblatt berichtete, daß die IAEA die Stillegung des bestreikten AKWs gefordert habe. Der Weiterbetrieb sei unverantwortlich. Durch den Streik werden nicht nur laufende Instandhaltungsarbeiten aufgehoben, sondern auch ein für den 27. März vorgesehener Brennelemente–Wechsel. Die Streikenden sind ständig mit einer kompletten Instandhaltungsschicht auf Posten, um im Notfall einspringen zu können. Seit Streikbeginn wurden bereits drei Not–Unterbrechungen registriert, soviel wie sonst in einem ganzen Jahr. Zwei Mitglieder der flämischen Nationalistenpartei „Volksunie“ haben inzwischen bei einem Antwerpener Gericht eine einstweilige Verfügung zur Stillegung des gesamten AKW– Komplexes in Doel mit allen vier Reaktoren verlangt. Das Urteil wird am kommenden Dienstag gesprochen. -man–

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