: Streifen haben Zukunft
■ Gutachten belegt Akzeptanz des Radfahrstreifens
Die radlerische Eroberung der Straße scheint geglückt: In einem einjährigen Modellversuch auf der Hochallee in Rothenbaum teilen sich RadlerInnen und AutofahrerInnen die Straße geradezu vorbildlich. Statt auf die Radwege verbannt zu werden, damit die blechernen Karossen auf den Straßen ungehinderte Fahrt haben, dürfen hier nämlich Zweiräder auf eigens aufgemalten Fahrradstreifen auf der Straße strampeln. Das bedeutet weniger Platz für AutofahrerInnen und löste bei deren Lobby anfangs Vertreibungsängste aus.
Doch alles kam ganz anders. Wie ein von Bau- und Verkehrssenator Eugen Wagner in Auftrag gegebenes Gutachten des Geesthachter Ingenieurbüros Oeding zeigt, ist die Akzeptanz auch bei AutofahrerInnen überraschend groß: Nur 30 Prozent aller befragten Haushalte äußerten sich negativ zu der Neuerung. Geradezu euphorisch ist die Zustimmung bei den 867 befragten RadlerInnen: 80 Prozent halten die Radfahrstreifen auf der Straße für „besser“ als die üblichen kombinierten Rad- und Fußwege, 12 Prozent für „genauso gut“. „Ablehnende Aussagen kommen eher von älteren Personen oder von Eltern für ihre Kinder“, notierten die Gutachter. „Diese Benutzergruppe ist allerdings relativ klein und neigt nach wie vor zum Fahren auf den Gehwegen.“
Der Radfahrstreifen auf der Hochallee ist der erste Schritt in die von der Fahrradlobby ersehnte und von Motorfetischisten gefürchtete „Fahrradrevolution“, welche die Baubehörde in Form von neuen Verkehrplanungs-Richtlinien mit dem geheimnisvollen Titel „PLAST 9“ Ende März erlassen hat.
Der am 14. April vorigen Jahres eingerichtete Radfahrstreifen auf der Hochallee hält allerdings laut Gutachten die PKWler keineswegs davon ab, die für Pedalentreter vorgesehene Spur als Parkplätze zu mißbrauchen. „Die Behinderung der Radfahrer durch falsch haltende oder parkende KFZ ist offenbar nicht zu vermeiden“, resignieren die Gutachter.
Trotzdem empfinden die RadlerInnen ihre Verlegung auf die Straße als erhebliche Verbesserung. Etwa ein Drittel von ihnen gab an, vorher andere Weg benutzt zu haben. Zugleich weicht ein Teil der Autos auf andere, von RadfahrerInnen noch nicht eroberte Straßen aus.
Angesichts dieser Erfolgsmeldungen in Sachen Hamburger Fahrradrevolution fordert nun auch die Eimsbütteler GAL von den Sozialdemokraten im Bezirk die Einrichtung von Bus- und Fahrradstreifen auf den Straßen Beim Schlump und Hallerstraße. Besonders Beim Schlump sei der Querschnitt von Fuß- und Radweg derart eng, daß „sich in diesem stark frequentierten Bereich ständig Konflikte zwischen diesen beiden Gruppen ergeben“.
Silke Mertins
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