: Strauß: Kohl fehlt der Kanzlerbonus
■ Der CSU–Vorsitzende schlägt weiter auf CDU, Kohl und Geißler ein / CDU vor weiterer „Talfahrt“ / Geißler findet das langsam „unerträglich“ / SPD–Vogel spricht von Verhöhnung des Parlaments
Berlin (ap/dpa/taz) - Unvermindert heftig tobt der Streit zwischen den Regierungsparteien CDU und CSU. Diesmal hat erneut der CSU–Vorsitzende Franz Josef Strauß den Reigen eröffnet, als er in einem Zeitungsinterview der Koalition „Profillosigkeit“ vorwarf und Bundeskanzler Kohl indirekt die Eignung für das Kanzleramt absprach. Darauf meinte CDU–Generalsekretär Heiner Geißler: Dieses Strauß–Interview sei „in weiten Teilen nicht mehr zu ertragen.“ SPD–Chef Hans–Jochen Vogel sagte am Wochenende dazu, zwischen den Unions–Parteien würden „unüberbrückbare Gegensätze deutlich“. Daß CDU und CSU weiterhin behaupteten, in allen wesentlichen Zielen überein zustimmen und deshalb eine Fraktion im Sinne der Geschäftsordnung des Bundestags zu sein, „stellt eine Unverfrorenheit sondergleichen und eine Verhöhnung des Parlaments und der Öffentlichkeit dar“, sagte Hans–Jochen Vogel. Strauß hatte in dem Interview einen „klaren politischen Fahrplan“ gefordert. Zwar könne die Bundespolitik auf wirtschaftlich– finanziellem Gebiet als durchaus erfolgreich bezeichnet werden, doch weise sie auf anderen Gebieten eine „Profillosigkeit auf, die - verbunden mit mancherlei vermeidbaren Verwirrungen und Ungereimtheiten - zu einer Belastung für die Landtagswahlen geführt“ habe. Manchmal, so Strauß weiter, entstehe der Eindruck, daß der Bundeskanzler auch in solchen Fragen der Außenpolitik, die zwischen CSU und FDP strittig seien, mehr auf der Seite von Bundesaußenminister Genscher stehe „oder sich nicht durchsetzen kann“. „Helmut Kohl muß sich auch fragen, warum er im Gegensatz zu Helmut Schmidt keinen Kanzlerbonus hat“, sagte Strauß. Der Minustrend der CDU würde sich fortsetzen, „wenn der Bundeskanzler zuläßt, daß die verhängnisvolle Strategie Geißlers fortgesetzt wird“. Der CSU– Chef sagte seiner Schwesterpartei CDU in dem Interview, das in der Welt am Sonntag veröffentlicht wurde, eine weitere Talfahrt der CDU voraus, falls sich deren Politik nicht ändere. Die Lagerpolitik Geißlers, nach der die CDU der FDP Stimmen abgebe und von der SPD Wähler hinzugewinnen müsse, sei zusammengebrochen. Von einer schlimmen Fortsetzung der Angriffe der CSU auf die Schwesterpartei sprach CDU–Generalsekretär Heiner Geißler. Er nannte die ständigen Straußschen Angriffe „unerträglich“. Er forderte CSU und Strauß auf, „die andauernde Serie von Angriffen auf den Bundeskanzler und führende Politiker der CDU unverzüglich einzustellen“. Die Union, so Geißler, sei auf die FDP als Koalitionspartner angewiesen. Dem Regierungslager stünde das Lager von SPD und Grünen gegenüber. Es habe also keinen Sinn, die eigenen Kräfte auf die Auseinandersetzung mit der FDP zu konzentrieren.
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