Strategie im Umgang mit Corona: Seuche, und nun?

Bewusste schnelle „Durchseuchung“ mit Covid-19 könnte bis zu 10.000 Todesopfer verursachen, warnt Berliner Gesundheitsstaatssekretär.

Corona-Krankehaus in der Messehalle 26

Wird hoffentlich nie gebraucht: Das „Corona-Krankenhaus“ in der Jafféstraße Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa

BERLIN taz | Würde Berlin darauf setzen, die Corona-Krise durch möglichst schnelle „Durchseuchung“, also Infizierung von rund 60 Prozent der Bevölkerung, hinter sich zu bringen, würde das zu 10.000 Toten führen. Diese Zahl hat Gesundheitsstaatssekretär Martin Matz (SPD) am Mittwoch im Abgeordnetenhaus genannt. Weitere 10.000 Menschen würden dabei zudem schwere Folgeschäden durch Beatmung davon tragen.

„Das ist ein Szenario, das wir für völlig unverantwortlich halten“, sagte Matz und widersprach damit einer AfD-Aussage, dieser Weg brächte 500 bis 600 Opfer mit sich. Der Hauptausschuss hatte zuvor über die vergangene Woche fertig gestellte Corona-Klinik auf dem Messegelände diskutiert, für die das Land 31 Millionen Euro bereit gestellt hat.

Binnen gerade einmal vier Wochen hatte ein Team unter Leitung des früheren Berliner Feuerwehr-Chefs Albrecht Brömme den ersten Teil des Corona-Krankenhauses eingerichtet, das insgesamt für 1.000 Betten konzipiert ist. Anders als der Name nahe legt, soll es nicht erster Behandlungsort für Corona-Kranke sein, sondern andere Kliniken entlasten, wenn dort kein Platz mehr sein sollte.

In der Messehalle 26 steht nach Senatsangaben knapp die Hälfte dieser 1.000 Betten. Die rund 500 weiteren sollen bereits bestellt und im Entwurf des Nachtragshaushalts, der den Hauptausschuss aktuell beschäftigt, eingeplant sein. Für 320 davon soll auch die Messehalle 25 umgebaut werden. Die verbleibenden rund 200 Betten kämen ins zu reaktivierende Klinikum Prenzlauer Berg.

Kein „Sondermüll“

Schon am Dienstag hatte Regierungschef Michael Müller (SPD) sich gegen die Aussage gewandt, die Klinik könne möglicherweise nicht gebraucht und die Ausstattung „Sondermüll“ werden. Zum einen könne man sich freuen, wenn der Standort nie Patienten aufnehmen müsse, zum anderen ist laut Müller fast alles weiter zu verwenden: die Betten sowieso, aber auch die Zwischenwände, die sich auf künftigen Messen nutzen ließen,genauso wie Kabel- und Leitungskästen.

CDU-Haushaltsexperte Christian Goiny regte an, für die zweite Hälfte der Betten nicht auch die Messehalle 25 umzubauen, sondern die Kapazitäten vorhandener Krankenhäuser zu erweitern. Goiny gab zu bedenken, dass es möglicherweise noch lange Zeit keinen Corona-Impfstoff gibt, das Messegeschäft aber irgendwann wieder los gehen könnte und dann gleich zwei große Hallen belegt seien. Staatssekretär Matz sagte dazu, es sei „keine realistische Prognose möglich“, auch nicht zur Einschätzung eines künftigen Messebetriebs.

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