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Straßenschlachten für einen Passierschein

■ Unionisten wollen nicht mehr an Friedensgesprächen über Nordirland teilnehmen

Dublin (taz) – Nordirland steht am Rande des Abgrunds. Protestantische Demonstranten liefern sich in fast allen Städten der britischen Krisenprovinz Straßenschlachten mit der Polizei, sämtliche Hauptverkehrsstraßen sind verbarrikadiert, die drei unionistischen Parteien haben ihre Teilnahme an den Friedensgesprächen vorübergehend abgesagt – und das alles, weil der protestantische Orangeisten-Orden in der Kleinstadt Portadown nicht durch ein katholisches Wohnviertel marschieren darf. An der Kirche von Drumcree stehen sich Tausende von Demonstranten und Polizisten gegenüber. David Trimble, Chef der Ulster Unionist Party, warf gestern der Polizei vor, auf Konfrontation zu setzen. Auf die Frage, ob es nicht gescheiter sei, die Demonstranten nach Hause zu schicken, antwortete er: „Sie würden nicht darauf hören.“ Der Chef der für die Parade verantwortlichen Orangeisten-Loge in Portadown, Harold Gracey, stieß unverhohlene Drohungen aus: „Unser Nachschub ist bereits organisiert“, sagte er. „Ich rechne damit, daß die Provinz hochgehen wird. Das ist nicht nur die Belagerung von Drumcree, sondern die Belagerung von Ulster.“ Lediglich die Sprecher der protestantischen paramilitärischen Verbände riefen zur Besonnenheit auf. Man müsse einen kühlen Kopf bewahren, sagte Gary McMichael, die IRA warte nur auf eine Gelegenheit, in Nordirland erneut eine Gewaltkampagne anzuzetteln. Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams forderte den Orangeisten-Chef Martin Smyth auf, sich mit ihm an einen Tisch zu setzen und über eine Lösung in Drumcree zu beraten. Die Chancen, daß das Gespräch stattfindet, sind gleich Null.

Ralf Sotscheck Seiten 8 und 10

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