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Straßen ohne Städte

■ Zweiter Weltkultursommer auf Kampnagel

„Diskussionen um die ethnische Aufteilung Bosniens sind völlig sinnlos. Daß das überhaupt versucht wird, ist die Tragödie“, sagt Zlatko Subasic über den Krieg in seiner Heimat. Seit vier Monaten ist der Musiker, Sohn einer Serbin und eines bosnischen Moslems, in Hamburg; seine Biographie zeigt, daß eine Teilung des Landes nicht möglich ist, ohne Familien, Nachbarschaften und Beziehungen zu zerstören.

Zlatko Subasic ist einer der Künstler, die heute im Rahmen des Weltkultursommers die Bosnische Straße auf Kampnagel gestalten werden. Zeigte im Weltkultursommer 1993 die Afrikanische Straße die Vielfalt afrikanischer Künstler in Hamburg, so will in diesem Jahr die Bosnische Straße das Schlagwort Weltoffenheit mit Leben füllen. Das multikulturelle Bosnien hätte ein Modell für die friedliche Zukunft Ex-Jugoslawiens sein können, sagt die Schriftstellerin Emina Kamber, stattdessen wurde es zum Objekt politischer Machtbegierden, die das Land verwüsten und ihm die Identität rauben. Von dieser Identität erzählt die Bosnische Straße - Eine künstlerische Reise durch Städte, in denen Europa stirbt. Als „Künstlertreffen“, das mit Malerei, Poesie und Musik das Schicksal einer zerstörten Heimat erklärt, beschreibt Mitorganisator Michael Batz den Abend, der durch die Wahl der Mittel auch eine „Übung in Wahrnehmung“ sein wird.

Große Bilder von zerfetzten blutigen Körpern, die der Maler Danino Bozic unter dem Eindruck des Krieges schuf, rahmen das Geschehen. Auf der Bühne werden die Umrisse Bosniens markiert, Schilder nennen Städte wie Sarajevo, Gorazde und andere, die aus Nachrichten geläufig sind, deren Tragödie aber praktisch unbegriffen bleibt. Von Stadt zu Stadt berichten die Beteiligten. Auch taz-Journalist Thomas Schmid, der aus Bosnien berichtete, ist dabei. „Er gehört inzwischen zu uns“, sagt Emina Kamber, die den Abend moderieren wird.

Zweiter Schwerpunkt des Weltkultursommers sind schwarze Jugendliche in den Metropolen. Die in Hamburg lebende Sängerin Audrey Motaung arbeitet seit Jahren mit jungen schwarzen und weißen Hamburgern, die ihr Projekt African Heritage mit einem Konzert vorstellen. Das junge Ensemble Black Blanc Beur aus den Pariser Vorstädten spielt Moniseur Zzarbi - 90 Minuten atemberaubender Tanz zu Rap und Jazz über einen jungen Außenseiter. jkn

heute: „Bosnische Straße“, (freier Eintritt für Kriegsflüchtlinge); morgen: „African Heritage“; 24. Juni: „Black Blanc Beur“; jeweils Halle 6 und Beginn 21 Uhr

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