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■ KommentarStraftat Armut

Weder die Sozialsenatorin noch die Sozialdemokraten werden es hinnehmen können, daß die Ästethik des Stadtbildes zur Grundlage polizeilichen Handelns erklärt wird. Das unwirtliche Papier der Innenbehörde liest sich wie eine Zeitreise ins 18. Jahrhundert. Schon einmal war Armenpolitik eine Unterabteilung der städtischen Polizei. Nur läge 200 Jahre später die Vermutung nah, daß die Sozialpolitik sich emanzipiert hat.

Daß man im ausgehenden 20. Jahrhundert überhaupt noch einmal darüber diskutieren muß, wem der öffentliche Raum gehört, und wie weit man die Grundrechte beugen darf, um die Mehrheit zufrieden und die Stammtische ruhig zu stellen, ist Skandal genug. Bitter ist aber, daß Sozialpolitiker erst vor wenigen Monaten, als das verschärfte Hamburger Polizeigesetz verabschiedet wurde, genau vor dieser Situation gewarnt haben: Erst Junkies, dann Obdachlose und schließlich Minderheiten wie Sinti und Roma. Allerdings hatten selbst Pessimisten nicht geglaubt, daß diese Horrorvision im Namen der Freien und Sauberstadt Hamburg so schnell aktuell würde.

Die Initiatoren dieser Drucksache wissen zweifellos, daß sich derartige soziale Aufräumarbeiten in Hamburg nicht durchsetzen lassen. Doch man hofft, daß etwas von dem Versuchsballon hängenbleibt. Nämlich eine Stimmung, daß die Unerwünschten und das Stadtbild Störenden eigentlich keine Berechtigung haben dort zu sein, wo sie sind. Und – Achtung, der Wahlkampf naht – daß man wenigstens probiert hat, sich ihrer zu entledigen. Und beides ist so schäbig populistisch wie rechtsstaatlich anmaßend.

Silke Mertins

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