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Archiv-Artikel

Stoßgebete für Regen

In Malaysia leiden die Menschen unter den Auswirkungen von Bränden auf zwei benachbarten indonesischen Inseln

BERLIN taz ■ In Malaysias Moscheen ist gestern beim traditionellen Freitagsgebet für Regen gebetet worden. Dazu hatte am Vortag Premier Abdullah Ahmad Badawi aufgerufen. Aufgrund zahlreicher Brände auf den benachbarten indonesischen Inseln Sumatra und Riau, deren Rauch von den südwestlichen Monsunwinden über die schmale Seestraße von Malakka geweht wird, blieb den Malaysiern in den letzten Tagen schlicht die Luft zum Atmen weg. Die Sicht betrug stellenweise nur 200 Meter. „Wenn so etwas passiert, müssen wir um Gottes Hilfe bitten“, erklärte ein hilfloser Badawi.

Seine Regierung hatte am Donnerstag über die Stadt Kuala Selangor und den größten Hafen des Landes, Port Klang, den Notstand verhängt. Sie liegen beide nahe der Hauptstadt Kuala Lumpur in dem von dem gefährlichen Dunst besonders betroffenen Klang Valley. Dort wurden mehr als 400 Schulen geschlossen und die Menschen aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen. Wer es dennoch tat, benutzte Atemschutzmasken. Zahlreiche Menschen mussten mit Astmaproblemen in Krankenhäuser eingeliefert werden.

Für Malaysia ist es die schlimmeste Umweltkatastrophe seit 1997. Damals war in Westmalaysia und dem benachbarten Singapur die Umweltqualität wochenlang aufgrund des aus Indonesien stammenden Rauchs massiv beeinträchtigt. Die Schäden wurden damals auf 9,3 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Noch ist die Situation nicht so schlimm wie damals, doch sind die Malaysier zunehmend frustriert, dass sich jedesmal zur Trockenzeit die Probleme wiederholen und Indonesien nicht in der Lage ist, die umweltschädlichen Brände zu verhindern. Malaysias Regierung hatte 1997 aus Angst vor Protesten und dem Ausbleiben von Touristen aufgehört, den Index über die Luftverschmutzung zu veröffentlichen. Inzwischen gibt das Umweltministerium die Werte wieder auf seiner Website bekannt. Dementsprechend trat gestern bereits eine leichte Besserung ein.

Aus Satellitenfotos geht hervor, dass in Sumatra und Riau zurzeit fast eintausend Brände lodern. Dabei handelt es sich um Feuer, mit denen Bauern Felder abbrennen und Holzfirmen meist illegal den Wald roden. Indonesische Politiker lehnen die alleinige Verantwortung ab undverweisen darauf, dass unter den brandrodenden Firmen auch malaysische Holzunternehmen sind. Auch trage Malaysias Regierung eine Mitschuld, weil sie das Einschmuggeln illegal geschlagener Hölzer aus Indonesien nicht verhindere.

In den letzten zwei Tagen berieten Vertreter beider Regierungen über gemeinsame Maßnahmen zur Eindämmung der Brände. So ist geplant, sich nicht auf Gebete zu verlassen, sondern zu versuchen, mittels Chemikalien künstlichen Regen zu verursachen. Denn die Regenzeit beginnt eigentlich erst im Oktober.

Derweil werden die Malaysier ungeduldig. Die Zeitung The Star zitierte gestern eine Hausfrau aus Petaling Jaya, einem Vorort Kuala Lumpurs: „Ich bin schon fast hysterisch. Die Luft in meinem Haus ist schlecht. Außerhalb kann ich überhaupt nicht atmen.“ SVEN HANSEN