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Stinkt, macht aber Spaß

■ Zu Gast bei einer Bremerhavener Fischpräparatorin

„Ich weiß, es stinkt fürchterlich hier.“ Die junge Frau öffnet dem naserümpfenden Besucher die Tür mit der Nummer 21 in der Bremerhavener Fischauktionshalle. Das Schild verrät, was sich dahinter verbirgt: „Fisch Modern – Kempf – Präparationstechnik im Fischerhafen“.

Anja Kempf zieht gerade einem ausgenommenen Zander das „Fell über die Ohren“ und legt das Fleisch in die Tiefkühltruhe. „Das wandert in die Pfanne, verhungern tue ich nicht.“ Sie liebe Fisch und könne jeden Tag davon essen, erzählt die 25 Jahre alte Fischpräparatorin. Seit anderthalb Jahren betreibt sie die Werkstatt als selbständige Jungunternehmerin. Ihre Spezialität ist die Fischpräparation unter dem Motto „Fisch und Kunst“.

Spaß am Präparieren hat Anja Kempf schon seit ihrem 14. Lebensjahr, erzählt sie. Als sie im Nordsee-Museum in Bremerhaven das seltene Exemplar eines Gespensterheuschrecken- Männchens präparieren ließ, fing sie Feuer. Von ihrer Kunst scheint sie geradezu besessen. Ringsum glotzen von den Wänden Fischaugen aus Trophäen (Köpfen) oder auch vollständig präpariertem Meeresgetier: Seeteufel, Hechte, Forellen, aufgesetzt mit Plexiglasröhren auf Stahlplatten, Metallkonstruktionen oder Solnhofer Sandsteinplatten.

„Ungewöhnlich, mein künstlerisches Design“, kommentiert die ihrer Meinung nach bundesweit einzige Expertin der Branche. „Holz ist zu konservativ, kommt nur auf Bestellung in Frage.“ Kempf taucht die Fischhaut in fast 100prozentigen Alkohol, wo sie bis zu zwei Wochen konserviert wird. Ihre Kunden sind Angler, die ihre Prachtexemplare der Nachwelt erhalten wollen. Auch Dekorateure, Innenarchitekten und Messegesellschaften sind interessiert. Geschäftsleute kaufen die 400 bis 900 Mark teuren Fisch-Objekte als Präsente.

Die in Bochum ausgebildete „staatlich geprüfte biologisch-präparationstechnische Assistentin“ (Kempf: „Verrückter Titel“) beginnt, einen Fischkörper aus Styrodor zu schnitzen, über den später die konservierte Haut gezogen wird. Das Endprodukt wird ein Zander sein, der „echt aussieht“, wenn er mit der Air-bush- Lackiertechnik seine natürliche Farbe wiederbekommen habe.

Hagen Haastert (dpa)

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