urdrüs wahre Kolumne : Stinkepuppe
Wunderschön, dieses erste taz-Foto aus dem Amtssitz des neuen Bremer Finanzsenators Ulrich Nußbaum. Hein Mück aus Bremerhaven im lockeren Sommeranzug des Volksfürsorge-Vertreters vor dem markanten Wandbild mit einer Fischverkäuferin, die ihre tot glupschende Ware zum Stilleben arrangiert hat. Ihr Gesichtsausdruck zeugt von ähnlicher Selbstvergessenheit wie die Mimik des frischgebackenen Senators, der allerdings stärkere Anzeichen von Anspannung zeigt: Ich glaube, wir werden mit diesem Ulrich noch viel Freude haben!
Fraglich ist allerdings, ob er es auch zu solch hohen Ehren bringen wird wie Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement, der jetzt gemeinsam mit der Fernseh-Salondame Barbara Schöneberger zum Botschafter des deutschen Bieres ernannt wurde, weil er unter Ausschaltung des bremsenden Zäpfchens versteht, ein Kölsch in 1,5 Sekunden niederzumachen. Die politischen Getränksleute, die das hierzulande noch mit Pils vermochten, sind spätestens seit dem Niedergang des „Hemelinger Spezial“ aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwunden – kein Wunder, wenn Nashornkönig Henning Scherf einzig auf schlicht Wasser setzt und damit sehr verschoben-verschrobene Maßstäbe für die Kumpels setzt!
Leben wie in der Steinzeit können norddeutsche Kids während der kommenden Woche mit der Johanniter-Jugend im Steinzeitdorf Vethem bei Walsrode. Prinzipiell sicher eine interessante Sache, so ganz ohne Handy, Strom und Stüssy-Cap – aber wie will man mit solchen Menschen dann den Aufschwung schaffen? Wir warten auf ein klärendes Wort des Einzelhandelsverbandes gegen solche wirtschaftsfeindlichen Romantizismen, mit denen unser System letztendlich zum Absturz gebracht wird – und das, nachdem solche Camps zuvor aus den Ressourcen eben dieser Gesellschaft finanziert wurden!
Wie es der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann schaffen will, auch die deutschblütigen Spätaussiedler als Bürger dieses Staates zur noch dazu gebührenpflichtigen Teilnahme am Deutschunterricht zu verpflichten, wird er zu gegebener Zeit vor den Verwaltungsgerichten begründen müssen. Ansonsten aber begrüßen wir den Vorschlag als mitfühlende Sprachpfleger allemal, empfehlen dem Burschen aber, seine diesbezüglichen Anstrengungen zunächst auf die stammelnden Trogdolyten in seiner eigenen Partei zu konzentrieren.
Neulich im gottlob trotz aller bösen Verwaltungspläne immer noch real existierenden Waller Hafencasino. Während ich ein treudeutsches Beefsteak mit allem drum und dran verzehre, gesellt sich ein breitschultriger Trucker mit Muskeln wie Kokosnüssen umstandslos zu mir. Und als ich die Gabel kurz aus der Hand lege, um am Bierchen zu nippen, greift mein neuer Nebenmann entschlossen und wortlos zugleich zu meinem Besteck, haut sich den überwiegenden Teil der Mahlzeit zwischen die Kiemen und verschwindet mit den Worten: „Hatte keine Zeit, Alter!“ Dass er dabei noblerweise zehn Euro und damit mehr als den Gesamtpreis der Zeche hinterließ, zeugt von jener edlen Herzensbildung, die den besten Söhnen des werktätigen Volkes nun mal eigen ist!
Anlässlich eines Gastspiels in Oldenburg entdecke ich dort bei der Suche nach einem Mitbringsel für meinen Sohn Linus im Spielzeuggeschäft ein groteskes Figürchen, das mir der Verkäufer mit verschwörerischem Unterton als „Stinkepuppe“ erklärt. Soll heißen, dass ihr bei entsprechender Handhabung unangenehme Düfte verschiedener Zusammensetzung entströmen. Kosenamen wie Klo-Paul, Käse-Jimmy und Fred Fischmaul weisen auf die olfaktorische Orientierung dieser Gesellen hin, und wer die Geruchsnote „Große Koalition“ bevorzugt, muss wahrscheinlich alle auf einmal kaufen. Geht dann aber voll ins Geld!
So recht eigentlich weiß derzeit wohl niemand,wohin die Reise mit taz nord nun wirklich geht. All jene Passagiere aber, die sich schon nach den ersten Tagen per Abokündigungsandrohungsleserinnenbrief zu Wort melden, möchte ich doch an des großen Fahrradkuriers Fritze Teufels Losung aus den Anfangszeiten des Projekts tageszeitung erinnern: „In der Liebe muss man auch mal was aushalten ...?“ Wir Älteren mit Prostatabeschwerden und anderen Schwierigkeiten wissen schließlich, dass nicht jede neue Liebe gleich ein neues Leben ist! Ansonsten nimmt sich erst mal ein paar Tage Urlaub zum Dampflokfahren im wilden Osten Ulrich „Lukas“ Reineking