verpasst? : Stimulierend
„Die 100 nervigsten Deutschen“, 20.15 Uhr, Pro7
Nerven, so steht es im Lexikon, dienen der Erregungsleitung, befördern die Stimulation. Womit eigentlich schon alles gesagt wäre. Über Daniel, den nervigsten Deutschen. Über Dieter, den Zweitplatzierten. Über all die anderen 98 nervigen Deutschen. Jene von Pro7 inszenierte Abendunterhaltung, die einmal mehr die guten Worte des alten Georg Simmel belegen sollte: Nämlich dass das genaue Gegenteil eben doch nur genau dasselbe ist.
Erregung – als Affekt nicht als Empfindung – scheint dieser Tage der einzige Aggregatzustand der so genannten medialen Öffentlichkeit. Da verwundert es nicht einmal vordergründig, dass die 300.000 televotierenden Pro7-Fernsehgucker genau von denen genervt sind, bei denen sie doch andererseits einschalten. Siehe Daniel „Holt mich hier nicht raus“ Küblböck. Manche mögen da einen gewissen Medienmasochismus vermuten. Aber wahrscheinlich wäre selbst das noch zu viel der Ehre. Vor allem aber: zu viel an Sinn.
Und deshalb könnte die Antwort auf eine von Gastgeber Ingolf Lück leider nicht gestellte Frage ganz einfach lauten: Nicht die 100 nervigsten Deutschen sind nervig, sondern die Verhältnisse, in denen sie nerven. An dieser Stelle schweigt der Rezensent und übergibt den Fall an die 100 nervigsten Kulturpessimisten. CLE