Steuerkonzepte in der Kritik: "Nicht zu rechtfertigen"
Der "Bund der Steuerzahler" appelliert an den Bundestag, den Haushalt 2010 zu stoppen. Hingegen hält der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard Steuerhöhungen für nötig und kritisiert die Steuersenkungspläne.
Der "Bund der Steuerzahler" hat das Parlament aufgerufen, den Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2010 zu stoppen. Die Kreditaufnahme von insgesamt 100 Milliarden Euro sei "katastrophal", unfassbar und nicht akzeptabel, sagte Verbandsgeschäftsführer Reiner Holznagel der Braunschweiger Zeitung.
"Wir appellieren massiv an die Bundestagsabgeordneten, Sparvorschläge einzubringen, damit die Neuverschuldung weniger dramatisch ausfällt. Das Parlament muss einen anderen Haushalt beschließen", forderte Holznagel. "Die Abgeordneten stehen jetzt in der Verantwortung."
Holznagel warf der Regierung aus Union und FDP vor, auf jeden substanziellen Einsparvorschlag zu verzichten, um sich politisch kurzfristig Ruhe zu verschaffen. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch den Bundeshaushalt für 2010. Die Vorlage von Schäuble sieht eine Nettokreditaufnahme von 85,8 Milliarden Euro vor.
Der Wirtschaftsweise Wolfgang Wiegard hingegen hält angesichts der dramatischen Haushaltslage Steuererhöhungen für möglich. Im Deutschlandradio Kultur kritisierte Wiegard am Donnerstag, dass die schwarz-gelbe Koalition die Steuern ab 2011 sogar senken wolle.
Das sei "nicht zu rechtfertigen", sagte der Experte, der Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist. Er plädierte für Ausgabenkürzungen. Doch wenn die Sanierung des Haushalts so nicht gelinge, werde es letztlich Steuererhöhungen geben müssen. Er glaube, "dass die Bürger dafür Verständnis haben", sagte Wiegard.
Wegen der Schuldenbremse, die ab 2011 wirkt, müssen nach bisheriger Planung in den kommenden Jahren mehr als 60 Milliarden Euro eingespart werden.
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