Steuer- versus Sozialabgaben-Senkung: Koalition ringt um Anti-Krisen-Paket
Die Bundesregierung will der Finanzkrise erneut mit einem milliardenschweren Programm entgegentreten: Die Union will Steuern, die SPD Sozialabgaben senken.
Frank-Walter Steinmeier hat am Montag, kurz vor den Koalitionsverhandlungen, das Konjunkturprogramm der SPD in Berlin vorgestellt. Alleine, ohne SPD-Chef Müntefering. Das soll zeigen, dass 2009 der Kanzlerkandidat für das Wichtige zuständig ist, nicht Müntefering. Das SPD-Programm ist ein Mix verschiedenster Bausteine: von einem einmaligen Kindergeld von 200 Euro über eine fürstliche Abwrackprämie für zehn Jahre alte Autos bis zu einem Investitionsprogramm. Für die Sozialdemokraten ist dies ein relativ linkes, auf sozialen Ausgleich bedachtes Programm.
Unterstützung signalisierte am Montag die IG Metall. Deren Chef Berthold Huber sagte, das SPD -Programm belebe "den Konsum" und "sichere Arbeitsplätze." Steinmeier lobte das "gründlich durchdachte Konzept" der Sozialdemokraten und deutet damit im Wahljahr 2009 eine sanfte Verschiebung der SPD nach links an.
Steinmeiers Angriffe auf die Union fielen gleichzeitig moderat aus. "Öffentliche Schaukämpfe" brächten nichts, so Steinmeier in Anspielung auf die Debatte in der Union um Steuersenkungen.
Klar ist, dass die Frage ob und um wie viel Steuern gesenkt werden, der zentrale Streitpunkt zwischen SPD und Union ist - wobei sich vor allem die CSU seit Monaten für drastische Steuersenkungen stark macht. SPD-Vizechefin Andrea Nahles hält es für "sehr schwer", dort mit der Union "auf einen Nenner zu kommen". Steuersenkungen kämen vor allem Besserverdienenden zugute. Die SPD will hingegen die Sozialabgaben senken, weil damit auch Niedrigverdiener entlastet würden.
Die Union, so CDU-Generalsekretär Roland Pofalla, will indes Abgabensenkungen nur zustimmen, wenn sie im Gegenzug dafür Steuersenkungen durchsetzen kann. Beides müsse "in einem gleichwertigen Verhältnis stehen", so Pofalla. Auch der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon erklärte am Montag, dass es mit der CSU "keine Abgabensenkung ohne Steuerentlastung" geben wird. Die Steuersenkung, die die Union will, kosten den Staat jährlich etwa zehn Milliarden Euro.
Allerdings ist die Unionsfront für Steuersenkungen keineswegs geschlossen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer kritisierte am Montag, dass man "mit weniger Einnahmen nicht mehr Ausgaben finanzieren kann, es sei denn, wir erhöhen erheblich die Neuverschuldung zugunsten kommender Generationen". Auf jeden Fall sei, so Böhmer, die Sanierung von "Schulen oder Kindergärten" sinnvoller als "diffuse Steuergeschenke".
Die Entscheidung über das Konjunkturprogramm wird am 12. Januar fallen. Wenig Probleme wird es bei den Verhandlungen über das staatliche Investitionsprogramm in die Infrastruktur geben, das SPD und Union wollen. Angela Merkel glaubt, dass es trotz des Dissens über Steuersenkungen "viele Gemeinsamkeiten" zwischen SPD und Union gibt. Auch SPD-Kanzlerkandiat Steinmeier ist sicher, dass die Große Koalition einen Kompromiss findet. Der Zwang, sich rasch zu einigen, sei hoch. "Das politische Erpressungspotenzial ist in dieser Frage gering", so Steinmeier. Arbeitsmarktexperten rechnen bis Ende des Jahres mit 800.000 Arbeitslosen mehr.
Das erste Opfer des Zwangs zum Kompromiss könnte die SPD-Forderung sein, den Spitzensteuersatz für zwei Jahre von 45 auf 47,5 Prozent zu erhöhen, um damit Investitionen in die Bildung zu finanzieren. Diese Idee, die konträr zu dem Unionsvorschlag Steuern zu senken steht und dort auf heftigen Widerstand stößt, hatte Steinmeier als "Nebenaspekt" bezeichnet.
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