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Sterben helfen

betr.: „Deutsche Ärzte gegen Sterbehilfe“, taz vom 30. 11. 00

Sterben mit ärztlicher Hilfe sei oft nicht „der angeblich schöne Tod“, betonte der Vorstandschef der Deutschen Hospizstiftung, Eugen Brysch. Eine erstaunliche Äußerung. Weiß man doch ein wenig darüber, wozu Ärzte in der Lage sind. Zum Beispiel dazu, eine Vollnarkose zu geben – das ist, wie ich aus Erfahrung weiß, zwar vielleicht nicht gerade „schön“, aber durchaus erträglich.

Sehr unschön kann das Sterben hingegen werden, wenn ein medizinischer Laie ohne ärztliche Hilfe seinem Leben ein Ende setzen will. Erhängen, Erschießen, ein Sprung aus großer Höhe oder eine Tüte über den Kopf, das sind sicher keine attraktiven Alternativen zur ärztlichen Sterbehilfe. Zur Selbsttötung geeignete Medikamente sind – aus guten Gründen – nicht leicht erhältlich. Gelingt es einem doch, sie sich aus dem Ausland zu beschaffen (was für einen schwer Kranken ohne Hilfe kaum möglich ist), dann ist die Einnahme mit allerlei Risiken behaftet: Gewöhnung an Medikamente oder ein Zusammenwirken mit anderen Medikamenten kann dazu führen, dass ein Medikament anders wirkt als vorhergesehen. Ein Risiko ist das Erbrechen, ob aus körperlichen Gründen oder durch den psychischen Stress, der mit einem Selbsttötungsversuch verbunden ist. Wer Pech hat, übergibt sich, wenn er schon zu benommen ist, um sich des Erbrochenen zu entledigen; er kann daran qualvoll ersticken.

Töten sei keine ärztliche Aufgabe, sagte der Präsident der Ärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe. Ja, ist es denn nicht die Aufgabe von Ärzten, ihren Patienten zu helfen? Ist es das nicht auch und gerade dann, wenn es ihren Patienten besonders schlecht geht? Ein Mensch, dem es so schlecht geht, dass er sein Leben als sinnlose Last empfindet, der vielleicht sogar unerträgliche Schmerzen leidet und der deshalb sterben möchte – ein solcher Mensch ist ganz besonders auf ärztliche Hilfe angewiesen. Es ist gut, dass das Gesetz in den Niederlanden den Ärzten nun endlich erlaubt, diese Hilfe zu leisten. Ein solches Gesetz brauchen wir auch in Deutschland. IRENE NICKEL, Braunschweig

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