: Stellungnahme
■ der Verlagsgruppe Hilden zu der taz-Veröffentlichung „Jetzt kommt ,Bäckerblume TV‘“, taz vom 18. 7. 95
Ei, fein! Jetzt kommt „Bäckerblume TV“! Laut taz vom 18. 7. soll es am Dienstag, den 1. August um 12.20 Uhr damit losgehen – bei VOX. Wer sich die Zeit nimmt und die Kiste anschaltet, wird spätestens um 12.30 Uhr merken, daß da etwas nicht stimmt. Also noch mal in der Ankündigung nachsehen:
Da steht etwas von Alexander Kluge, der zusammen mit der Bäckerblume, der „auf die breite Masse zielenden Kundenzeitschrift des ehrbaren Bäckerhandwerks“ das Fernsehprogramm „Bäckerblume TV“ ins Leben rufe. Alexander Kluge und die Bäckerblume! Spätestens hier tanzt medienkundigen taz-Lesern das Zwerchfell: Eine herrliche Satire!
Weniger Kundige müssen weiterlesen. Sie erfahren, der Bäckerblume gehe es schlecht – so schlecht, daß sie sich zu den sogenannten „elektronischen Medien“ rette. Noch schlimmer stünde es um die Fleischerkundenzeitschrift Lukullus. Von der würden einzelne Exemplare bereits zum Sammlerwert gehandelt. Allen weniger Kundigen zum Trost: Bäckerblume und Lukullus sind nach wie vor topaktuelle Kundenzeitschriften des Bäcker- und Fleischerhandwerks. Der Lukullus vom Freitag, dem 28. Juli, beispielsweise verlost ein Potsdam- Wochenende mit Babelsberg Studiotour (für Berliner: keine Satire!), und die Bäckerblume vom gleichen Tag berichtet dem Leser, was in der Diskussion über Zusatzstoffe in Brot und Backwaren Sache ist.
Für Satiriker: Ihre Bäckerblume-Meinung ist von gestern! Schauen Sie mal rein und korrigieren Sie Ihre Meinung. Für Lukullus gilt das gleiche.
Für Nicht-Satiriker: „Bäckerblume TV“ ist eine Erfindung von taz-Autor Harald Keller. Es gibt kein „Bäckerblume TV“. Vielleicht aber findet ein Sender an dieser Idee eines Tages gefallen. Wer weiß? Bis dahin jedenfalls gibt es die Bäckerblume ausschließlich in Bäcker-Fachgeschäften. Jürgen Weidebach, Chefredakteur Kundenzeitschriften
Die Idee, das morgendliche Frühstück – respektive die „Morgen-Semmel“ – mit einer eigenen TV-Sendung zu adeln, haben wir mit Humor zur Kenntnis genommen.
Wir sind sicher, daß es uns keineswegs an der notwendigen Portion Selbstironie mangelt, die der Artikel von Herrn Harald Keller in der taz-Ausgabe über Alexander Kluges angeblichen neuen TV-Hit „Bäckerblume TV“ von uns abverlangt. Trotzdem sind wir der Ansicht, daß der Spaß hier genau einen Schritt zu weit gegangen ist. Wird Satire als journalistische Stilform verstanden, bedeutet sie, Realität durch Übertreibung ins Groteske zu ziehen. Dieser professionelle Umgang läßt bei Ihnen leider zu wünschen übrig.
Die Unkenntnis von Sachverhalten, die deutlich wird, ist eine Sache, dies zu kommentieren würde den Rahmen eines Briefes etwas überstrapazieren. Daß Sie den Artikel aber mit dem Hinweis auf einen konkreten Sendestart, der Uhrzeit und dem Hinweis auf die Ausstrahlung bei VOX beenden, heißt für uns, den Spaß in diesem Fall etwas zu weit getrieben.
Die Tatsache, daß sich eine Anzahl Ihrer Kollegen bei uns über eine derartige Irreführung beschwert haben, zeigt, daß es sich in diesem Falle nicht um eine Überempfindlichkeit unsererseits handelt, sondern die Stilmittel der Satire hier unprofessionell eingesetzt wurden. Wenn Satire nicht mehr als solche erkennbar ist, fühlen sich nicht nur unsere Kollegen, sondern sicher auch viele Ihrer Leser, sprich: auch die Fernsehzuschauer, nicht ernstgenommen. Ich gehe davon aus, daß dies nicht in unserer beider Interesse liegen kann. Dementsprechend möchten wir Sie bitten, von derlei Experimenten in Zukunft abzusehen. Gabriela Leibl,
Pressesprecherin VOX
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