: Stellungnahme vom besetzten Strommast runter
■ Ein Sprecher der Anti-AKW-Gruppe „Strom ohne Atom“ berichtet per mobilem Telefon aus den luftigen Höhen eines besetzten Strommastes über den Aktionstag vor den Toren des Atomkraftwerkes Neckarwestheim
taz: Was hat sich heute auf dem Strommast und vor den Toren des Atomkraftwerks Neckarwestheim abgespielt?
Auf dem Strommast haben von gestern auf heute drei Leute übernachtet als Vorboten für den heutigen großen Aktionstag unserer Gruppe „Strom ohne Atom“. Um sechs Uhr haben sich dann siebzig Leute versammelt und drei Tore des Atomkraftwerks ab sechs Uhr dreißig blockiert. Und um zehn Uhr dreißig gab es eine weitere, noch größere Blockade, die letztlich geräumt wurde. Es gab insgesamt sechzehnm Festnahmen. Die Leute wurden von der Polizei weggetragen und dann in das Heilbronner Polizeipräsidium transportiert. Darunter waren drei Landtagsabgeordnete. Zwei von den Grünen, Johanna Quiz und Christine Muscheler-Kohne und – was etwas besonders ist – der SPD-Landtagsabgeordnete Ulrich Brinkmann, der umweltpolitische Sprecher der SPD im Stuttgarter Landtag. Daß der SPDler soweit gehen würde, hätten wir nicht gedacht. Die SPD hat zwar den Atomuntersuchungsausschuß im Landtag abgelehnt, aber immerhin, jetzt machen sie hier mit.
Sind die Festgenommenen inzwischen wieder frei?
Ja, etwa um 14 Uhr. Erstaunlicherweise sind die Abgeordneten von der Polizei zurückgebracht worden, während die anderen mit Privatfahrzeugen zurückkommen mußten.
Was war der Anlaß für den heutigen Aktionstag?
Der Anlaß ist, daß in ungefähr einem Monat in Neckarwestheim der letzte Reaktor in diesem Jahrhundert, der neugebaute Reaktorblock II, in Betrieb gehen soll. Wir wollen diese Inbetriebnahme verhindern mit allen möglichen Mitteln.
Sind noch weitere Aktionen von Euch geplant?
Wir haben hier vor dem Atomkraftwerk jeden Nachmittag bis zum Tag „X“ einen Anti-AKW Infobus mit der bekannten Telefonnummer, 0161/2725106, postiert. Ansonsten ist für den Tag „X“, also im Oktober, wenn das Ding in Betrieb gehen soll, eine größere Aktion geplant. Wir müssen uns noch genau ausdenken, was wir da machen wollen.
Wie hat sich die Polizei verhalten?
Ich kann sagen, daß die Polizei einigermaßen zurückhaltend ist, und außer diesen Festnahmen wird sich wohl auch nichts weiter mit der Polizei abspielen. Sie ist halt sehr stark vertreten mit hundert bis zweihundert Polizisten, hält sich aber im Hintergrund.
Interview: Benno Pilardeaux
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen