: Stein keine Waffe
■ Oberstes Gericht urteilt: Demonstranten–Stein kann „Werkzeug“ sein / „Einzelfallgerechtigkeit“ jetzt möglich
München (taz) - Ein aufsehenerregendes Urteil fällte das Bayerische Oberste Landesgericht im Zusammenhang mit den Protesten gegen das Treffen der früheren Waffen–SS am 1. Mai 85 in Nesselwang. Das Gericht entschied, daß ein bei einer Demonstration geworfener Stein als „Waffe“ oder auch als „Werkzeug“ benützt werden könne. Wer bei einer Demonstration mit Steinen wirft, muß nicht in jedem Fall mit einer Anklage wegen „schwerem Landfriedensbruch“ rechnen. Ausschlaggebend sei, so entschied das bayrische oberste Landesgericht, mit welcher Absicht der Steinewerfer zu dem Gegenstand gegriffen habe. Nach Paragraph 125 a des Strafgesetzbuches (StGB) könnten nur mit einer „Waffe“ Menschen verletzen, während durch ein „Werkzeug“ lediglich Sachbeschädigungen entstehen. Die Angaben des wegen eines Steinwurfes bei der Demonstration gegen die Waffen–SS angeklagten Studenten, er habe mit seinem Stein lediglich das Fenster des Tagungshotels in Nesselwangen treffen wollen, konnten nach Auffassung des Gerichts nicht widerlegt werden. Damit bestätigten die Richter das Urteil des Amtsgerichts Füssen. Dort wurde der Fall als einfacher Landfriedensbruch gewertet.In Zukunft müßte also die Polizei die wirkliche Verwendungsabsicht des Täters herausfinden. In Justizkreisen wurde das Urteil (Aktenzeichen RReg. 1 St.95/86) positiv aufgenommen. Es lasse eine größere „Einzelfallgerechtigkeit“ zu.
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