Steigende Nahrungsmittelpreise: Indonesien stoppt Palmölexporte

Der weltgrößte Palmölproduzent Indonesien will so die Ernährung seiner Bevölkerung sichern. In der EU wird das Pflanzenfett Kraftstoff beigemischt.

Luftaufnahme einer Palmölplantage, dazwischen eine kleine Straße

Palmölplantage in Indonesien Foto: Willy Kurniawan/reuters

BERLIN taz | Indonesien – weltweit größter Palmöl-Produzent – verbietet seit Donnerstag, das global meist genutzte Speiseöl zu exportieren. Das Verbot werde so lange gelten, bis das Pflanzenfett in dem südostasiatischen Land wieder zu erschwinglichen Preisen zu haben sei, sagte Präsident Joko Widodo laut Nachrichtenagentur Reuters. Die wegen geringer Bestände stark gestiegenen Preise hatten Proteste ausgelöst.

Während Palmöl in Indonesien nun billiger wird, verteuert es sich anderswo noch stärker. Das gilt auch für andere Öle. Dabei hatte der Preisindex der UN-Ernährungs- und Agrarorganisation (FAO) für Pflanzenöle bereits im Februar ein Rekordhoch erreicht. Das liegt zum Beispiel an Dürren in Anbauländern und dem Krieg in der Ukraine, das bisher das meiste Sonnenblumenöl lieferte. Indonesien ist auch für Deutschland der größte Palmöl-Lieferant.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte aus diesem Anlass, ab sofort keine Speiseöle sowie andere Nahrungs- und Futtermittel als Kraftstoff mehr zu verwenden. „Lebensmittel gehören auf den Teller und nicht in den Tank. Wir können nicht weiter Speiseöle in Autotanks kippen, während deren Preise in den Produktionsländern explodieren und die Bevölkerung in den Hunger treiben“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. „Agrokraftstoffe stehen in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und heizen Klimakrise und Biodiversitätsverlust weiter an.“

Deshalb müssten Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und die EU aufhören, die „Beimischung von Lebensmitteln im Tank“ zu fördern. Bisher dürfen die Mineralölkonzerne laut Bundesimmissionsschutzgesetz die von der EU geforderten Treibhausgaseinsparungen erfüllen, indem sie Benzin und Diesel Agrosprit beimischen. Mehreren Studien zufolge hat Agrosprit jedoch eine schlechtere Klimabilanz als fossile Kraftstoffe, wenn man die Folgen des hohen Flächenverbrauchs einkalkuliert. Ölpalmen-Plantagen sind besonders umstritten, weil für sie mitunter Regenwald gerodet und damit Lebensraum etwa für Orang-Utans zerstört wird.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) will sich für ein Ende von Agrosprit einsetzen

Palmöl durch andere Öle zu ersetzen, lehnt die DUH ab. „Da der Palmölanbau pro Fläche mit Abstand den größten Ertrag bringt, würde ein Ersatz den Flächenverbrauch massiv in die Höhe treiben – mit drastischen Folgen für Klima und Biodiversität.“ Das nach Palmöl günstigste Pflanzenöl ist Sojaöl, für das in Südamerika oft Ökosysteme zerstört werden.

Rund die Hälfte der 1,3 Millionen Tonnen Palmöl, die 2019 in Deutschland verbraucht wurden, wird laut Forum Nachhaltiges Palmöl für Biokraftstoff eingesetzt. Aus ungefähr einem Fünftel werden Lebensmittel wie Margarine, Schokolade, kakaohaltige Brotaufstriche (allen voran „Nutella“), Eiscreme, Backwaren, Pizzen und andere Fertigprodukte hergestellt. Palmöl wird auch in Tierfutter gemischt. Waschmittel, Seifen, Kosmetika, Kerzen und Schmierstoffe haben einen hohen Palmöl-Anteil. Das liegt einerseits etwa an der für das jeweilige Produkt nötigen Konsistenz des Öls, andererseits an seinem im Vergleich zu anderen Ölen niedrigen Preis.

Umweltministerin Steffi Lemke wies darauf hin, dass ab 2023 in Deutschland keine Biokraftstoffe mehr aus Palmöl gefördert würden. „Ich will jetzt den nächsten Schritt gehen und auch den Einsatz von Agrokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen weiter reduzieren. Die Details dazu besprechen wir derzeit mit unseren Kol­le­g*in­nen im Bundeslandwirtschaftsministerium“, teilte die Grünen-Politikerin mit. Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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