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Stasi-Waffen sollen eingezogen werden

■ Regierung will damit Forderung der Opposition nachkommen / 'Bild‘: Stasi hatte dichtes Netz mit geheimen Waffenlagern

Ost-Berlin (dpa) - Die Waffen der Mitarbeiter des aufgelösten Staatssicherheitsdienstes der DDR sollen jetzt unverzüglich eingezogen werden. Das kündigte der Regierungsbeauftragte für die Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit, Peter Koch, laut Nachrichtenagentur 'adn‘ an. Die Regierung kommt damit einer Forderung der Opposition am runden Tisch nach. Sie hatte bei der letzten Zusammenkunft am vergangenen Mittwoch bezweifelt, daß die ehemaligen Stasi-Mitarbeiter keinen Zugang mehr zu den Waffen hätten. Die eindeutige Klärung dieser Frage zählte zu den Bedingungen der Opposition für ihre weitere Mitarbeit am runden Tisch. Koch versicherte laut 'adn‘, daß alle Waffen derzeit unter Verschluß seien. Er habe nun aber zusätzlich angeordnet, „daß die Waffen des ehemaligen Amtes unverzüglich einzuziehen und bis zum Abtransport durch die Deutsche Volkspolizei so aufzubewahren sind, daß ein selbständiger Zugriff zu diesen Waffen durch die ehemaligen Mitarbeiter des Amtes ausgeschlossen ist“.

Nach einem Bericht von 'Bild am Sonntag‘ haben SED und Staatssicherheitsdienst die DDR offenbar mit einem dichten Netz von geheimen Waffenlagern mit Präzisionsgewehren und durch Stahltüren gesicherte Bunker voller Nachrichtentechnik überzogen. Allein in der mecklenburgischen 5.000-Einwohner -Gemeinde Crivitz seien 25 solcher „Objekte“ der Staatssicherheit entdeckt worden. Dazu gehörten zum Beispiel elf kleine Bungalows aus Eternitplatten mit gepflegten Gärtchen - zwei der Häuser hätten tiefe Keller mit Stahlschränken, zu denen sechs Zentimeter dicke Kabelleitungen führten. Ein Mitarbeiter des Neuen Forums habe berichtet: „Ich habe in Crivitz ein Waffenlager der Stasi voller Präzisionsgewehre gesehen. Dieses Lager ist bis heute nicht geräumt.“ Laut Koch hatte das frühere Ministerium für Staatssicherheit mehr als 85.000 Mitarbeiter, von denen bislang etwa 25.000 entlassen worden seien. Gebäude besaß das Ministerium mehr als 2.000. Knapp 400 davon seien bereits neu vergeben worden, wobei es sich meist um ehemalige Kreisdienstellen handelte, sagte Koch.

Koch bestätigte, daß der von der Regierung Modrow geplante Verfassungsschutz, der bei der Opposition auf großen Widerstand stößt, direkt aus dem ehemaligen Stasi hervorgehen soll. „Es wäre absolut töricht, wenn man jetzt insgesamt auflösen würde, um es dann neu zu gründen.“ Er sei allerdings nur mit der Auflösung und nicht mit der eventuellen Neugründung beauftragt.

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