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Archiv-Artikel

Stalking soll Straftat werden

Heute berät der Bundesrat einen Gesetzentwurf, wonach aggressive Verfolgung, das so genannte Stalking, zu einer Straftat werden soll. Trotz prinzipieller Zustimmung regt sich auch Kritik, das Gesetz könnte in die Persönlichkeitsrechte eingreifen

VON PHILIPP DUDEK

Ab und zu hat jeder mal den Eindruck, von Verrückten umgeben zu sein. Für manche Menschen beschränkt sich diese Erfahrung aber nicht nur auf laute Nachbarn und schimpfende Busfahrer. Nach einer Untersuchung des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim werden 17,3 Prozent der Frauen und 3,7 Prozent der Männer mindestens einmal im Leben Opfer von aggressiven Nachstellungen, dem so genannten Stalking (Englisch für „anschleichen“). Nun soll „unzumutbare Belästigung“ auch in Deutschland gezielt bekämpft werden. Heute beschäftigt sich der Bundesrat mit einem entsprechenden Gesetzentwurf. Nach einem Vorstoß aus dem CDU-geführten Hessen hat jetzt auch die SPD-Bundestagsfraktion Bereitschaft signalisiert, das Strafrecht zu verschärfen: „Den Opfern muss geholfen werden“, sagt Joachim Stünker, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Anders als in den USA, England und Holland, können in Deutschland Polizei und Gerichte erst dann eingreifen, wenn es bereits zu einer Straftat wie Nötigung oder Körperverletzung gekommen ist. Nach dem Gesetzentwurf, der heute im Bundesrat beraten wird, wären „schwere Belästigung“ wie etwa Telefonterror, ständiges Verfolgen und Bedrohen eine Straftat, die mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden können. Bringt der Stalker sein Opfer in Lebensgefahr, drohen ihm zehn Jahre Haft.

Der ursprüngliche Entwurf wurde bereits Anfang des Jahres vom hessischen Justizminister Christean Wagner (CDU) vorgelegt. Eine Arbeitsgruppe mit zehn weiteren Bundesländern und dem Bundesjustizministerium überarbeitete die Vorlage. „Die Stalking-Problematik lag schon lange auf dem Tisch. Das Problem war bislang, dass das Phänomen schwer zu fassen ist“, sagte Wagner-Sprecher Stefan Fuhrmann der taz.

Hier setzt die Kritik an. Wo ist die Grenze zwischen nervigen Anrufen aus Liebeskummer und Stalking? Aus dem Büro des rechtspolitischen Sprechers der grünen Bundestagsfraktion, Jerzy Montag, heißt es, das Gesetz sei zu unbestimmt und könnte einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellen. „Der Entwurf ist prinzipiell eine gute Sache, allerdings muss er konkreter gefasst werden“, sagte eine Sprecherin.

Auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) kritisierte, in dem Entwurf wären die Belange der Presse nicht berücksichtigt. In dem Gesetzestext müsse verankert werden, dass Journalisten in ihrer Arbeit nicht behindert werden dürfen. Zu dieser Arbeit gehöre auch die harte Recherche, die im Einzelfall womöglich als Stalking empfunden werde, heißt es in einer Erklärung.

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