■ Kommentar: Stahlpoker
Der Vorgang ist schon einigermaßen kurios: Aus Brüssel kommt eine beunruhigende Meldung nach der nächsten, das mühselig erkämpfte Rettungsmodell für die Bremer Klöckner-Hütte sei in ernsthafter Gefahr, doch in Bremen selbst ruht still der See. Vom Klöckner-Betriebsrat bis zum Senat herrscht das Motto: Don't Panic, alles im Griff, wir haben recht, die EG-Kommission kann erstens nicht rechnen und zweitens sind das eh nur Störmanöver von irgendwelchen bösen Engländern oder Italienern oder Spaniern oder werweißwem. Die wollen nur ihre Kapazitäten retten, indem sie die Bremer Hütte ins Feuer der europäischen Stillegungsdiskussionen treiben.
Kann ja alles stimmen. Kann ja sein, daß solche Manöver zu erwarten waren. Kann ja völlig richtig sein, daß die Bremer die besseren juristischen Argumente haben. Doch was nützen die, wenn sich das Leben wo ganz anders abspielt? Über das Schicksal der Bremer Hütte wird auf dem politischen Parkett entschieden. Daß sich die Bremer jetzt öffentlich so zurückhalten, das könnte sich als Fehler herausstellen. Wenn die Hütte auf europäischer Ebene zur Disposition gestellt wird, dann wird jeder, der für den Erhalt der Bremer Arbeitsplätze streiten wird, verdammt viel Unterstützung brauchen. Insbesondere, wenn es sich dabei um einen Bundeswirtschaftsminister handelt, der nicht gerade mit allzuviel Durchsetzungsfähigkeit und Kompetenz gesegnet ist. Diese Unterstützung aber, die bekommt man nicht, wenn man sich im Stahlpoker cool zurücklehnt. Das sollten die Bremer doch im Kampf um die Hütte gelernt haben. Jochen Grabler
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