: Stäwog-Verkauf beschlossen
■ Große Koalition in Bremerhaven trotz erboster Mieterproteste
Mit Buh-Rufen von den Zuschauerbänken wurde gestern nachmittag die Entscheidung der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung bedacht, die Städtische Wohnungsbaugesellschaft (Stäwog) „ganz oder teilweise meistbietend zu verkaufen“. Mit 28:18 Stimmen hatte das Kommunalparlament nach fünfstündiger Debatte die Privatisierung der 6.000 Wohnungen und über 100 Ladenlokale der Stäwog in Großer Koalition von SPD und CDU beschlossen. Außer Grünen, FDP und DVU hatte nur eine fünfköpfige Minderheit um den SPD-Unterbezirksvorsitzenden Siegfried Breuer den Verkauf abgelehnt.
Auf Unverständnis stieß die Entscheidung allerdings nicht nur bei den Stäwog-MieterInnen, die bereits seit Tagen erbittert gegen den Verkauf ihrer Wohnungen protestiert hatten. Auch Bremerhavens Kämmerer, Heinz Brandt, hält nichts davon. „Ich setze jetzt auf den Senat“, sagte er nach dem Beschluß, „und hoffe, daß der gescheiter ist als die Stadtverordnetenversammlung“.
Ohne Zustimmung der Landesregierung ist der Stäwog-Verkauf nicht möglich. Darauf hatte zumindest Bürgermeister Wedemeier am Mittwoch hingewiesen. Wedemeier selber hält die in Bremerhaven beschlossene Wohnungsprivatisierung für „falsch“. Kann das Verkaufs-Verfahren bis Oktober nicht abgewickelt werden, besteht so für die Stäwog-MieterInnen Hoffnung, daß sich nach der Bürgerschaftswahl auch in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung eine neue rot-grüne Mehrheit gegen den Verkauf zusammenfindet.
Der Bremerhavener FDP-Vorsitzende Harald Neujahr und der CDU-Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Peter Kudella, wiesen Wedemeiers Einwände gegen den Stäwog-Verkauf gestern allerdings zurück. Ein „böses Spiel mit den Ängsten der Mieter“ sei es, so Kudella, daß Wedemeier beim Verkauf der Bremer Beamtenbaugesellschaft sichere Arbeitsplätze ohne Mieterhöhungen versprochen hatte, nun zum Stäwog-Verkauf aber „das genaue Gegenteil“ behaupte. Und Neujahr geht davon aus, daß die Stäwog auch ohne Zustimmung des Senats verkauften werden kann. „Die FDP verbittet sich jede Einmischung Wedemeiers“, erklärte er gestern.
vhm/Ase
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