: Stadtbahn weiträumig ausgespart
■ 18,3 Milliarden-Haushalt 1997: Flughafen-Anbindung und Neuengamme-Verlegung auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben Von Silke Mertins
Das Hamburger Haushaltsloch zeigte sich gestern gefräßig: Alle wichtigen Großprojekte sind auf post-konsolidierende Zeiten verschoben. Erst „wenn Hamburg wieder schwarze Zahlen schreibt“, könne man sich eine Nahverkehrsanbindung des Flughafens Fuhlsbüttel oder eine Verlegung der Justizvollzugsanstalt Neuengamme vorstellen, sagte Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) gestern bei der Vorstellung des Haushaltsplanentwurfs 1997.
Daß Hamburg jemals wieder ins Plus kommt, hält aber selbst der Senat für unwahrscheinlich. Die Steuermindereinnahmen werden sich in den nächsten Jahren eher vergrößern. Trotzdem gab sich Voscherau gestern ungewohnt optimistisch. Ganz ohne „Heulen-und Zähneklappern“-Sprüche und Weltuntergangsankündigungen ließ er sich zu ausgedehntem Eigenlob hinreißen. Noch nie hätte der Senat so schön gespart wie heute. Weil aber das Gesparte immer größeren Löchern gegenüberstehe und die Länder vom Bund ausgebeutet würden, sei noch ein weiteres Konsolidierungsprogramm beschlossen worden: „K3“. Danach sollen zusätzliche 250 Millionen gespart und der Zeitraum enger Gürtel auf das Jahr 2000 gedehnt werden. Bis dahin sollen fast zwei Milliarden Mark konsolidiert worden sein. Im Jahre 2000 also, so Voscheraus niedliche Hoffnung, sei dann ein Plus von 15 Millionen in der Stadtkasse.
Im Hier und Jetzt aber wird der gigantische Fehlbetrag von 1,4 Milliarden im Stadtsäckel mit Verkäufen von Hamburgs Tafelsilber finanziert. Die HEW und die Landesbank werden veräußert; an wen zu welchen Anteilen ist noch nicht beschlossen. Besonders bitter dürfte Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem (parteilos) zur Kenntnis nehmen, daß die Verlegung des Neuengamme-Gefängnisses erneut verschoben wird. Er hatte sich dafür stark gemacht, das Versprechen an die Überlebenden, den Knast von der KZ-Gedenkstätte räumlich zu trennen, endlich umzusetzen.
Durchsetzen konnten sich die WilhelmsburgerInnen. Eine fluchtweglose Katastrophe müssen sie nicht befürchten, denn der Senat genehmigte die Instandsetzung der „Brücke des 17. Juni“. Auch wird derzeit geprüft, ob eine S-Bahn-Anbindung an den Flughafen möglich ist. Die wäre billiger als eine Stadtbahn. Realisierbar allerdings auch nur unter der Voraussetzung der Haushaltskonsolidierung.
In dem 18,3 Milliarden schweren Haushaltsplan 1997 – eine Steigerung von 1,4 Prozent – müssen vor allem die Behörde für Stadtentwicklung (minus 13,2 Prozent), Umwelt (minus 5,1 Prozent) und Wirtschaft (minus 4,7 Prozent) bluten. Alle anderen SenatorInnen dürfen mit einem bescheidenen Plus kalkulieren. Der Senat selbst, betonte Voscherau, wird 1997 eine Nullrunde einlegen.
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