■ Zur Person: Staatsrat in der Grauzone
Bremen ist gleich Vulkan. Zumindest aus Sicht der EU-Kommission. Nach den letzten Skandalen sei die „Atmosphäre zwischen Brüssel und Bremen arg gestört“, wie Bremens Staatsrat für Europaangelegenheiten Günter Niederbremer (CDU) nach einem halben Jahr im Amt gestern vor der Presse einräumen mußte. Trotzdem gebe es noch keine Bremer Europa-Politik, die den Namen verdiene. Also hat der nicht mehr ganz frischgebackene Staatsrat erkannt: Ein Konzept muß her.
Dem obersten Bremer EU-Lobbyisten ist die politische Eiszeit zwischen Bremen und Brüssel mangels Einflußmöglichkeit nicht anzulasten. Bei den Verhandlungen um den Vulkan und seine fehlgeleiteten Beihilfen bleibt Niederbremers Brüsseler Büro außen vor. Als Ländervertretung bewege man sich in einer diplomatischen Grauzone und sei für die Kommission kein offizieller Partner, so die Erklärung. Es wäre sicher sinnvoll gewesen, mehr mit Brüssel zu reden, doch habe sich in Bremen eine „andere Linie“ durchgesetzt, klagt der CDU-Mann und fragt sich, „ob das wohl psychologisch richtig war?“
Was die EU-Kommission von den jüngsten Vulkan-Krediten der landeseigenen Beteiligungsgesellschaft HIBEG hält, hat Bremens Mann in Brüssel aber noch nicht in Erfahrung gebracht. Dabei steht die Kommission, wie zu hören ist, dem jüngsten Bremer Vulkan-Rettungscoup nicht gerade positiv gegenüber.
Doch auch in der Heimat hat es Niederbremer nicht leicht. In Bremen neige man dazu, trotz der vielen hundert Millionen Mark Fördermittel, den „Faktor Europa“ zu unterschätzen. Beleg: Der Etat des Brüsseler Büros soll um sechs Prozent auf 210.000 Mark gekürzt werden. Auch die Stellen in seiner dem Wirtschaftsressort zugeordneten Abteilung werden nur schleppend besetzt. Die anderen Ressorts sträuben sich, ihre besten Kräfte abzugeben.
So bleibt Niederbremer vorerst nur, „an 26 Terminen pro Jahr“ Bremen in diversen europäischen Gremien zu vertreten. Daneben müsse er für die „atmosphärische Begleitmusik“ sorgen, die nichts mit dem Vulkan zu tun haben dürfe. So werde demnächst die Ausstellung über das Engagement von Ex-Bürgermeister Koschnick als EU-Administrator in Mostar in Brüssel präsentiert. jof
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