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Staatsanwälte trainieren für Olympia

■ Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue in Sachen Olympia GmbH und ihres gefeuerten Chefs Lutz Grüttke/ Hat Diepgens Lieblingskandidat Grüttke von »In-sich-Geschäft« profitiert?

Berlin. Die Berliner Justizverwaltung teilt auf Anfrage mit, daß in Sachen der Olympia GmbH und ihres gefeuerten Chefs Lutz Grüttke ein staatsanwaltschaftliches Verfahren wegen des Verdachts der Untreue eingeleitet wurde. Hintergrund ist der 15 Millionen Mark schwere Werbevertrag, den Grüttke ohne Genehmigung des Olympia-Aufsichtsrats und dessen Vorsitzenden Eberhard Diepgen im Sommer mit der Düsseldorfer Agentur Michael Schirner abgeschlossen hat.

Weil der Verdacht besteht, daß Grüttke an dem mit der Werbeagentur vereinbarten Vertrag »mitverdient« hat, hatte Diepgen ein Ermittlungsverfahren angeregt. Ein solches »In-sich-Geschäft« — durch eine direkte oder indirekte Beteiligung Grüttkes an Schirners Werbeagentur — wäre strafbar. Noch ist auch nicht geklärt, ob der nicht genehmigte Vertragsabschluß zu finanziellen Forderungen Berlins an den Ex-Olympia-Manager Grüttke führt. Allerdings stellt sich auch die Frage, ob Diepgen hier nicht als Chef des Aufsichtsrates seine Aufsichtspflicht verletzt hat — zumal Grüttke sein Lieblingskandidat für den Olympia-Posten war. Der gültige Werbevertrag ist vorerst so überarbeitet worden, daß eine zehnprozentige Beteiligung Schirners an allen Sponsorengeldern ausgeschlossen ist.

Ist die hausgemachte Serie der Pleiten und Pannen um Berlin 2000 bisher eher als Betriebsunfall mit international begrenzten Auswirkungen einzuschätzen, verhält es sich da ganz anders mit dem neuesten Skandal. Gemeint sind die letzte Woche vom 'Spiegel‘ veröffentlichten Anschuldigungen gegen eine Reihe von IOC-Mitgliedern, sie hätten sich ihre Stimmen bei der Wahl des Olympia- Orts 1996 vom Sieger Atlanta abkaufen lassen. Die Korruptions-Story ging um die Welt und sorgte für Aufregung und Empörung unter denen, auf die es bei der Vergabe der Spiele ankommt: den 94 Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees.

Das deutsche IOC-Mitglied Thomas Bach gab folgende Einschätzung: »Die Veröffentlichung schadet der Sache Berlins. Welches IOC- Mitglied läßt sich schon Bestechung vorwerfen?« Ähnlich sieht es der um den Ruf des IOC besorgte Juan Antonio Samaranch. Der IOC-Präsident sprach von einer »Kampagne gegen Berlin«, die das Ziel habe, die Bewerbungschancen der Stadt zu schwächen.

Dem 71 Jahre alten Spanier wird im 'Spiegel‘ vorgeworfen, er sei »doppelzüngig«. Öffentlich bekunde er Sympathie für die Berlin-Bewerbung. Tatsächlich jedoch wolle er, daß Sydney die Spiele 2000 zugesprochen bekomme. Denn nur so könne verhindert werden, daß die »Nestbeschmutzer aus Australien« ihr Insiderwissen über das korrupte IOC preisgeben. kotte/dpa

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