: Staatlich verordneter Rassismus
■ Die Bundesregierung unterstützt mit der Anweisung zur Beschäftigung von Nichtdeutschen geradezu rechte Parolen
Die Ausländerpolitik der Bundesrepublik bewegt sich weiterhin auf einem trostlosen Niveau. Nach den Pogromen von Hoyerswerda und Rostock, den Morden von Mölln und Solingen wäre es zwingend notwendig gewesen, daß die Bundesregierung überzeugende Zeichen der Solidarität mit den Menschen nichtdeutscher Herkunft gesetzt hätte. Sie hätte verbindlich erklären müssen, daß diese Menschen feste Mitglieder dieser Gesellschaft sind und die gleichen Rechte wie Einheimische zu beanspruchen haben.
Sie hätte die Zusicherung geben müssen, daß sie eine neue Politik, eine Politik der Gleichberechtigung aller hier lebenden Menschen eröffnen werde. „Schaffung gleicher Rechte für alle, ungeachtet ihrer Herkunft“: dies wäre die einzige richtige Antwort auf die Angriffe gegen Ausländer gewesen. Durch Schaffung gleicher Rechte muß dem Rassismus politisch der Boden entzogen werden.
Was aber tut die Bundesregierung? Sie erläßt z.B. über die Bundesanstalt für Arbeit die Dienstanweisung vom 5. März 1993 an alle Arbeitsämter, durch die viele ArbeitnehmerInnen nichtdeutscher Herkunft aus dem Arbeitsmarkt hinausgedrängt werden.
Die Bundesregierung folgt hier geradezu den Parolen rechtsradikaler Kreise: „Ausländer raus“; hier: „Ausländer raus aus dem Arbeitsmarkt“.
Rechtsradikale Kreise werden sich in ihren ausländerfeindlichen Kampagnen durch die Bundesregierung bestätigt sehen. Alle diejenigen ArbeitnehmerInnen aus den Nicht-EG-Ländern, die nicht im Besitz der – erst nach fünfjähriger ununterbrochener Erwerbstätigkeit zu erlangenden – besonderen Arbeitserlaubnis sind, haben nur noch ganz geringe Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden.
Ein junger türkischer Ehemann, der im Rahmen des Familiennachzugs zu seiner seit langem hier lebenden Ehefrau einreiste und die Aufenthaltserlaubnis erhielt, sah sich voller Tatendrang auf dem hiesigen Arbeitsmarkt um und fand auch ständig Arbeitgeber, die ihn liebend gern einstellen wollten; aber immer lehnte das Arbeitsamt die Arbeitserlaubnis ab mit dem Argument, es seien arbeitslose Deutsche und EG-Angehörige registriert, die diesen Arbeitsplatz besetzen könnten.
So weit sind wir nun wieder in unserer internationalen, multikulturellen Gesellschaft, daß das Prinzip der Gleichbehandlung am Arbeitsplatz außer Kraft gesetzt und die Nationalität eines Arbeitnehmers, seine ethnische Zugehörigkeit, zum entscheidenden Kriterium für seine Einstellung oder Weiterbeschäftigung erhoben wird.
Jemand kann fachlich kompetent und überaus kollegial sein: er kann nicht eingestellt werden, weil er nicht Deutscher ist. Was ist das anderes als verordneter Rassismus von oben. Detlef Lüderwald
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