: Sri Lanka: Hungerstreik für Friedensgespräche
■ In Sri Lanka hungern zwei Frauen einer „Mütterfront“ für Verhandlungen zwischen „Tamil Tigers“ und Indern / Indiens Regierung lehnt Waffenstillstand ab / Indische Regierung soll dreitägigem Waffenstillstand zustimmen und die 1.500 politischen Häftlinge freilassen
Aus Colombo Biggi Wolff
Neu Delhi (afp/taz) - Indien hat ein Angebot der srilankischen Tamilengruppe „Tamil Tigers“ für bedingungslose Friedensverhandlungen abgelehnt, wie am Montag in der indischen Presse mitgeteilt wurde. Als Begründung für die ablehnende Haltung hieß es unter Berufung auf einen Sprecher des Außenministeriums, Gespräche seien „sinnlos“, wenn die Tamilen nicht zuvor ihre Waffen niederlegten. Das Verhandlungsangebot der Tamilen erfolgte am Sonntag im Anschluß an einen Aufruf der tamilischen Frauengruppe „Mütterfront“, von der zwei Frauen in einen Hungerstreik getreten sind. Der Tempel im Osten Sri Lankas, in dem die beiden tamilischen Frauen vor zehn Tagen ein „Fasten bis zum Tod“ begonnen haben, wurde am Sonntag von indischen Truppen abgeriegelt. Devi Annamma (58) und Vadivet Nesamma (50), beide Mitglieder der „Mütterfront“ in Batticaloa, nehmen auch kein Wasser zu sich, was bei der tropischen Hitze zum schnellen Tod führen kann. Die ältere der beiden liegt seit Samstag im Koma, beide Frauen haben bereits vor drei Tagen ihr Sprachvermögen verloren. Nach bisher unbestätigten Meldungen sollen indische Ärzte heute mit der Zwangsernährung der zwei Frauen begonnen haben. Zwei Ärzte des indischen roten Kreuzes, die am Sonntag zu den Tamilinnen wollten, wurden von den Massen vor dem Tempel zurückgehalten. Die Frauen wollten Verhandlungen zwischen den „Befreiungstigern von Tamil Eelam“ (LTTE) und der indischen Regierung erzwingen. Sie fordern darüber hinaus die Verwirklichung der nach dem „Friedensabkommen“ vom Juli letzten Jahres vorgesehenen Generalamnestie für alle politischen Häftlinge, von denen noch immer 1.500 inhaftiert sind. Außerdem soll die indische Regierung in einen dreitägigen Waffenstillstand einwilligen, zu dem die „Tiger“ sich bereit erklärt haben. Der indische Botschafter J.N. Dixit erklärte am Samstag in Colombo, die LTTE wolle Indien erpressen. „Wir werden einem solchen Verhalten jedoch nicht nachgeben.“ Am Montag hatte Dixit dementiert, daß Indien den Tamilen einen Waffenstillstand ange boten habe. In den letzten Tagen schlossen sich zahlreiche Schüler– und Studentenorganisationen mit kurzfristigen Fastenaktionen den beiden Frauen an. Nach Augenzeugenberichten von Bewohnern Batticaloas, die am Montag Colombo erreichten, ist der einige Tage zuvor festgenommene LTTE–Kommandeur für Batticaloa, der 22jährige Sitta, von indischen Soldaten mit aufgeschlitztem Mund an einem Gestell öffentlich „gekreuzigt“ worden. Am Sonntag wurde über die gesamte Region der 150.000 Einwohner–Stadt, die überwiegend von Tamilen bewohnt ist, eine Ausgangssperre von unbefristeter Dauer verhängt. Im Fall des Todes der fastenden Frauen werden Massenunruhen befürchtet.
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