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Sprengen

■ Franz Werfel: "Barbara oder die Frömmigkeit"

„Wenn wir nur ein paar Kerle hätten! Es wäre gar keine große Kunst, dieses ganze Sau-Berlin in die Luft zu sprengen...“ Durch Gebharts gebeugte Figur, die noch immer in die Tiefe lauschte, ging ein Ruck. Er fuhr hoch. Sein Unterkiefer zitterte unbeherrscht: „Glauben Sie wirklich? ... Wäre das möglich? ... Man könnte ganz Berlin in die Luft sprengen, wenn man einen Nachschlüssel zu dieser Tür hätte?...“

„Ohne weiteres“, sagte Weiß, schon ein wenig verdutzt, „hier unten kann man gewiß bis zum Kriegsministerium vordringen.“

Gebharts Lippen spalteten sich und ließen die Zahnlücke frei. Der wohlbekannte Ausdruck verklärter Begeisterung durchströmte, diesmal noch heller als sonst, seine Knabenzüge: „Aber, da müssen Sie ja... unbedingt... einen Nachschlüssel herstellen lassen...“

Verlegen und erschrocken ging Weiß ein paar Schritte weiter, als höre er kein Wort. Gebhart rührte sich nicht vom Fleck: „In die Luft sprengen? Das wäre wunder... wunderbar!“

Ronald Weiß sagte nichts mehr. Gebhart aber stand noch lange festgewurzelt bei dem Eisenturm.

Franz Werfel: „Barbara oder die Frömmigkeit„

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